: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um
Warum zum Teufel haben die Gewerkschaften eigentlich keinen Gott in petto, der ihnen den 1. Mai, den Tag der Arbeit, hilft frei zu argumentieren? Nein, stattdessen strömen Tausende durch hunderte Galerien, um käufliche Kleinode zu beschauen. Stress pur. Denn wenigstens einmal muss man sich an diesen Gallery Weekends von GaleristInnen mit blanken Nerven anblaffen lassen, als gäbe es nur sie auf der Welt. Verstehen muss man das alles nicht wirklich, warum sich Menschen das geben, zumal wenn sie aus Berlin kommen und wochenlang Zeit haben werden, die Ausstellungen zu sehen. Eine der Ausstellungen, die man sich aber auf keinen Fall entgehen lassen sollte, für die man allerdings Zeit mitbringen muss, ist die „Talk Show“ von Omer Fast bei Arratia, Beer. 65 Minuten lang wird die Geschichte einer Person in einer Mischung aus „Stille Post“ im Talkshow-Prinzip erzählt und über verschiedene Perspektiven modifiziert. Aus einer politischen und gesellschaftsanalytischen Liebesgeschichte werden so über persönliche Färbungen die Identitäten der ErzählerInnen erkennbar, bis das Ganze über erschreckende Kaltschnäuzigkeit in einem Komödienspektakel implodiert. Alexej Meschtschanow knüpft wiederum ganz deutlich an die dollen Tage an, was allerdings nicht in seiner besten Ausstellung bei Klemm’s mündet. Schlecht ist sie dennoch nicht. Ganz unumwunden bietet er auf einer Art Viehrampe Lampen zum Kauf an. 2.200 Euro das Stück. Zugegeben, wirklich erstklassige Stücke: Leuchtstoffröhren im für ihn typischen „Found footage“-Schick. Das eigentliche Highlight sind allerdings die massiven Metallschienen, die er mit Abstand zur Decke quer in den Raum klemmt. Ist schon ironisch, wie diese mächtigen Kunst-Prothesen dem Ort eine Idee von Fachwerk verleihen und ihn fast schon gemütlich erscheinen lassen. MJ
■ Omer Fast: Talk Show; bis 12. Juni, Di–Sa 11–18 Uhr, Arratia Beer, Mehringdamm 55 ■ Alexej Meschtschanow: Feierabend; bis 19. Juni, Di–Sa 11–18 Uhr, Klemm’s, Brunnenstraße 7