: In Bier baden
Der Wellnessmarkt entdeckt die Männer als Zielgruppe und erfindet spezielle Angebote wie Business-Quickies, Relaxbehandlung for men und Schwarzbierbäder. Denn Männer mögen es „geradlinig“
VON JULIA JOHANNSEN
„Geht man da in Badekleidung hin?“, fragt ein Mann. Zögernd zieht er seinen Bademantel an und macht sich auf den Weg. Im Fahrstuhl des Hotels steht eine Frau in Abendkleidung. Er blickt zu Boden, will schnell ins Spa. Gleich beginnt die „Relaxbehandlung for men“.
Spa: Ursprünglich der Name eines Heilbads in Belgien, heute die Bezeichnung für eine Wellnessoase. Lange Zeit waren Spas eine Domäne von Frauen, heute sind sie unisex. Frauen bekommen dort „Beautybehandlungen“, Männer „Business-Quickies“. „Männer betrachten Wellness zunehmend als lohnende Investition in die eigene Leistungskraft, aber auch in ein besseres Aussehen“, weiß Michael Altewischer, Geschäftsführer von Wellness Hotels Deutschland.
Im Jahr 2005 kamen 37 Prozent der Buchungen in Wellnesshotels von Männern, das entspricht einer Steigerung von 9,5 Prozent zum Vorjahr. Die Nachfrage für gesundheitsorientierte Anwendungen, die Krankenkassen als Prävention bezuschussen können, hat sich von 2001 bis 2005 um das Sechsfache erhöht. „Als wir vor fünf Jahren gestartet sind, gab es noch Schönheitsfarmen, wo 99 Prozent Frauen waren“, sagt Roland Fricke, Geschäftsführer der Wellness- Agentur beauty24. „Die Einrichtungen haben sich geändert. Sie sind Erlebnisräume geworden, die heute Day Spas heißen.“
In fast jeder größeren Stadt gibt es sie inzwischen: In Berlin hat 2005 ein Day Spa im Riverside Hotel neben dem Friedrichstadtpalast eröffnet, auch das Hotel Adlon plant ein solches. Mit Angeboten wie „After Work Spa“ oder „Manager-Wohlfühlstunden“ wollen die Wellnesstempel Touristen ebenso anziehen wie Berliner – jeweils beiderlei Geschlechts. „Zu uns kommen genauso viele Männer wie Frauen“, berichtet Yee-Man Timm vom Club Olympus Spa im Grand Hyatt Hotel am Potsdamer Platz.
Männer gehen selten allein in ein Spa, meistens mit weiblicher Begleitung – Partnerbehandlungen sind inzwischen sehr trendy. Dafür bietet das A-Rosa Hotel in Bad Saarow luxuriöse Privat-Spas. Die männlichen Gäste schätzten allerdings auch die Golfanlage vor der Tür, heißt es. Wellness wird hier als ganzheitliches Konzept verstanden: „Alle Sinnesorgane anregen, den Berührungsmangel ausgleichen und selbst erspüren, was der Körper braucht“, erläutert Kerstin Schön-Kleinert, Spa-Mitarbeiterin im A-Rosa Hotel. Die körperlichen Grundbedürfnisse nach Bewegung und Berührung kämen heutzutage oft zu kurz. „Männer lassen sich super gerne massieren“, weiß Schön-Kleinert. „Am liebsten von Frauen“. Sie schätzten klassische, aber auch exotische Massagen: Lulur, ein indonesisches Hochzeitsritual eigentlich nur für Bräute, Hot-Stone-Massage oder ayurvedische Ganzkörper-Ölmassage.
Beauty-Behandlungen buchen Männer weniger als Frauen, doch auch das ändert sich langsam. „Wenn Kosmetikprodukte auf die Männerhaut abgestimmt sind, haben Männer geringere Hemmungen, sie zu testen oder zu kaufen“, sagt Timm.
Ganz auf die Bedürfnisse von Männern eingestellt hat sich das Esplanade Resort & Spa in Bad Saarow. Es war das erste Hotel, das spezielle Männerkabinen gestaltet und ein eigenes Männer-Service-Konzept entwickelt hat. „Männern gefällt ein eher nüchternes Ambiente mit geradlinigen und dezenten Formen“, weiß Peter Hoeck-Domig. Der Hoteldirektor hat sich viele Jahre mit den Wünschen und Bedürfnissen von Männern in Bezug auf Wellness beschäftigt. „Frauen stellen sich schon im Vorfeld vor, wie sie sich während und nach der Behandlung fühlen, Männer wollen konkret wissen, welchen Nutzen die Anwendungen haben“, erklärt Hoeck-Domig. Männer gingen selten zu Informationsveranstaltungen, sie ließen sich lieber im Einzelgespräch beraten. Von sich aus stellten sie keine Fragen, daher seien die Mitarbeiterinnen darauf geschult, männliche Gäste gezielt anzusprechen. „Die meisten Männer billigen weiblichen Therapeutinnen eine größere Kompetenz zu“, hat Hoeck-Domig festgestellt.
Für männliche Wellnesseinsteiger bietet das Hotel eine Behandlung mit dem Titel „Unter uns Klosterbrüdern“. Männer baden in Schwarzbier, was sich wohltuend auf Körper und Schlaf auswirken soll. Abends wird Anti-Aging-Bier gereicht.
Im Bademantel geht der Mann zurück auf sein Zimmer. Keine Frau im Fahrstuhl, jetzt wo er strahlt. Die Relaxbehandlung for men hatte sich als eine Art Gesichtsmassage entpuppt. Dennoch, es hat ihm gefallen.