: Warum diese Relativierungen?
betr.: „Eine Nacht, viele Versionen“ („Selbstbezichtigung“, „Notstands-Masochismus“, „nationales Bekenntnisritual“? Was ist dran am Vorwurf, der Potsdamer Überfall sei vorschnell zum fremdenfeindlichen Verbrechen „hochstilisiert worden?), taz vom 26. 4. 06
Ist es nicht eigentlich vollkommen wurscht, wer oder was die Täter sind, wer vorher mit wem gestritten hat oder wer wie betrunken war? Unanfechtbare Tatsache ist doch, dass das Opfer als „Scheißnigger“ beschimpft wurde. Und ist das nicht rassistisch? Ich bin sehr froh, dass es Leute gibt, die in unserem Staat etwas zu melden haben, für die das keine Frage ist. Es beruhigt mich einigermaßen, dass Kay Nehm dementsprechend gehandelt hat. Beunruhigend dagegen sind Berichterstattung und Äußerungen von Politikern. Warum nur will man diesen Mordversuch unbedingt relativieren? Wenn die Welt z. B. schreibt, dass dies nur ein Fall unter Tausenden von Auseinandersetzungen unter Betrunkenen ist, und am Ende bemerkt, dass der einzige Unterschied in der Hautfarbe des Opfers besteht, dann kann ich nur sagen: Ja natürlich, genau darin liegt der Unterschied! Es ist traurige Wahrheit, dass ein Mensch dunkler Hautfarbe ganz wesentlich stärker gefährdet ist, in einer solchen oder auch anders gearteten Auseinandersetzung zum Opfer zu werden als ein Blonder mit blauen Augen. Auch wenn es natürlich richtig ist, dass solche Menschen ebenso Opfer sein können wie z. B. Grauhaarige mit grünen Augen oder Dicke mit gelocktem Haar. Warum diese Relativierungen? Ich finde das mehr als peinlich. Ich schäme mich dafür, dass von uns gewählte Volksvertreter sich nicht klar und eindeutig auf die Seite der Schwachen stellen. SABINE GENAU, Konstanz