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Archiv-Artikel

„Wir verbauen Spielräume“

VORTRAG Der Deichhauptmann Michael Schirmer informiert über Folgen des Klimawandels

Von EIB
Michael Schirmer

■ 69, ist Deichhauptmann am rechten Weserufer und Ökologe mit Schwerpunkt Wasser.

taz: Herr Schirmer, nach dem jüngsten Bericht des Weltklimarats steigt der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts viel stärker an als erwartet.

Michael Schirmer: Ja, um 90 Zentimeter zuzüglich weiterer Anteile, die sich aus dem Abschmelzen des Grönland-Eises ergeben.

Macht Ihnen das Angst?

Diese Werte nicht, das ist noch in den Griff zu kriegen. Jedenfalls in den reichen Ländern, die sich höhere Deiche und die Technik leisten können. Aber der Bericht traut sich erstmals ja auch, 300 Jahre in die Zukunft zu gucken. Wenn wir so hemmungslos weitermachen wie bisher, haben wir dann einen fünf, sechs, sieben Meter höheren Meeresspiegel.

Und dann?

Dann können wir die größeren Städte, von denen ja viele an Küsten, an Flussmündungen liegen, einfach vergessen. Das betrifft Millionen, ach was, Milliarden von Menschen.

Und was ist mit Bremen?

In diesem Jahrhundert werden wir noch zurechtkommen, müssen aber langfristig einen immer höheren Aufwand betreiben.

Also Deiche erhöhen?

Ja, das machen wir gerade auch zusammen mit Niedersachsen. Irgendwann können wir aber nichts mehr draufsetzen, dann muss man über andere Maßnahmen nachdenken.

Zum Beispiel?

Das eine wäre, wie die Holländer einen zweiten und dritten Deichring ziehen. Das andere sind Sturmflut-Entlastungspolder. Dafür brauchen wir riesige Flächen, auf denen das Wasser auslaufen kann.

Gibt es die in Bremen überhaupt noch?

Noch ja. Aber wenn wir nicht aufpassen, dann sind die auch bald bebaut. Das passiert an der Küste gerade. Da wird alles besiedelt oder mit Windparks bebaut, es werden Stromleitungen verlegt und Autobahnen gebaut. Wir nehmen den nächsten Generationen Spielräume weg, die diese dringend brauchen werden.

INTERVIEW: EIB

Samstag 11 Uhr, Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4