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Archiv-Artikel

Jetzt müssen auch Taten folgen

Flüchtlinge nach dem Streik

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Berlin hat noch mal die Kurve gekriegt. Vertretern der Kirche von Land und von Bund ist es gelungen, die Flüchtlinge am Brandenburger Tor in Gesprächen zum Abbruch ihres lebensgefährlichen Hunger- und Durststreiks zu bewegen. Das ist nicht selbstverständlich: In München endete im Frühsommer ein ähnlicher Streik mit einer rabiaten Räumung. In Hamburg versucht die Polizei derzeit, bei der „Operation Lampedusa“ mit großem Aufgebot 300 Flüchtlinge aufzustöbern. Im Vergleich dazu gibt Berlin ein geradezu humanes Bild ab.

Man kann es sicherlich als einen Erfolg für die Flüchtlinge verbuchen, dass sie die Asylpolitik wieder auf die politische Agenda gebracht haben. Doch ob sie in Berlin tatsächlich mehr Menschlichkeit erfahren als anderswo, hängt nun vor allem von der Antwort auf eine Frage ab: Folgt etwas aus den Verabredungen vom Wochenende?

Da muss man pessimistisch sein. Selbst nach den Ereignissen vor Lampedusa spricht sich weiterhin eine Mehrheit der Deutschen – und eine deutliche Mehrheit der Union-Anhänger – gegen die Aufnahme von mehr Flüchtlingen aus. Warum sollte eine CDU-geführte Regierung also eine Kehrtwende machen?

Eine Frage der Zeit

Die radikalen Forderungen der Flüchtlinge werden sowieso nicht Realität. Ein Bleiberecht für alle? Das wollen nicht mal mehr die Grünen. Gelingt es aber nicht, zumindest auf kleinere Forderungen wie die Abschaffung der Residenzpflicht oder eine schnellere Arbeitserlaubnis einzugehen, dann kippt die Freude vom Wochenende in Bitterkeit. Dann ist der nächste Hunger- und Durststreik nur eine Frage der Zeit.

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