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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Vom Arpanet zum Internet

■ betr.: „Mal anfunken: Politiker sollten mehr wie Küchenschaben sein “, taz vom 12. 10. 13

Sie schreiben: „Völlig irre: Die drei Chemie-Nobelpreisträger entwickelten ihre nun prämierten Computersimulationen von ‚komplexen chemischen Prozessen‘ zu einer Zeit, in der es noch kein Internet gab.“ Gerade Wissenschaftler wie die genannten Chemie-Nobelpreisträger konnten auch vor 40 Jahren durchaus schon auf das (noch rudimentäre) Internet zurückgreifen. Und zwar ab demselben Jahr, in dem Sie korrekterweise die Vorstellung des ersten Floppy-Disk-Laufwerks vermuten: im Jahr 1969, als das Arpanet etabliert wurde, aus welchem nahtlos das Internet hervorging. Das Arpanet war eine Einrichtung der Advanced Research Project Agency (Arpa) des US-Verteidigungsministeriums zur Vernetzung von Universitäten und Forschungseinrichtungen und um die knappen Rechenkapazitäten der teuren Großrechner sinnvoll zu nutzen. Vermutlich konnten auch die frisch gekürten Chemie-Nobelpreisträger das Arpanet damals bereits für massiv Rechnerzeit benötigende Simulationen nutzen.

Das Internet, das Sie vermutlich meinen, jenes, welches wir heute alle tagtäglich nutzen, wäre das WorldWideWeb und ist auch schon wieder weit über 20 Jahre alt (1989 am Cern entwickelt).

Und als „IBM gerade das erste Floppy-Laufwerk auf den Markt brachte“, mussten mitnichten „Desktop-Rechner noch mit einem Kran gehoben werden“. Das erste Gerät, das dieser Bezeichnung aus heutiger Sicht am ehesten entspricht, war der Hewlett-Packard 9100A Personal Computer, der 1968 auf den Markt kam. Einen Kran brauchte man allerdings nicht dafür, auch wenn er stolze 18 Kilogramm wog. Und jeder moderne Gaming-PC kann schnell mal mehr wiegen als der damalige HP. TOM SPERLICH, Öhningen

Sie huldigen unsichtbaren Wesen

■ betr.: „Ein katholischer Sündenpfuhl“, taz vom 16. 10. 13

Die Frage nach der Psyche eines Bischofs braucht nicht gestellt zu werden. Es handelt sich bei der Berufsgruppe um Menschen, die bunt verkleidet unsichtbaren Wesen huldigen. Sie glauben an geflügelte Personen und tragen goldgeschmückte Leichenreste vor sich her, denen sie Zauberkräfte zuschreiben. Es stellt sich vielmehr eine ganz andere Frage: Wie können wir allen Ernstes von solchen Menschen vernünftiges Handeln erwarten und, falls sie an ihr Treiben selbst nicht glauben, wie können wir uns einbilden, sie wären in anderer Hinsicht redlich? MICHAEL FROHNERT, Bochum

Kirchlicher Elfenbeinturm

■ betr.: „Vom Bischof zum Bauernopfer“, taz vom 16. 10. 13

Morgens, im Bad, vor dem Arbeitstag, erreicht mich oft vor den Radionachrichten irgendein evangelischer oder katholischer Sprecher mit seinen Gedanken zum Tage. Der Einzige, bei dem ich das Radio lauter stelle, ist Pastor Stephan Kiepe-Fahrenholz aus Duisburg. Seine Reden sind sozialpolitisch, in der real existierenden Welt entstanden und frei von Kirchenwerbung und Bibelsprüchen. Bei dem gerade als Feindbild Nummer eins medial entdeckten Bischof von Limburg kommt mir spontan „absolute Weltfremdheit“ oder „kirchlicher Elfenbeinturm“ in den Sinn.

An Ihrem Artikel stört mich der letzte Satz, der sinngemäß ein Gutes daran aufzeigt, dass hier eventuell ein Exempel statuiert wird. Wer an einem Menschen ein Exempel statuiert, dem geht es nicht um diese Person, sondern darum, durch die zur Schau gestellten Konsequenzen, die diesem Menschen für sein von anderen Menschen beurteiltes Verhalten auferlegt werden, andere in ihrem Tun zu beeinflussen. Früher hieß das „Pranger“. HANS-JÜRGEN SITTEK, Moers

Christ und Demokrat?

■ betr.: „Warten auf Gottes Fingerzeig“, taz vom 16. 10. 13

Es ist äußerst schade, dass ich bereits aus der Kirche ausgetreten bin und man nicht ein zweites Mal austreten kann. Wer ist schon gerne Mitglied in einem „Verein“, der solche Herren wie Tebartz-van Elst und dessen Gönner und dessen Förderer im „Vorstand“ hat. Hinzu kommt, dass man diese „Vorstandsmitglieder“ weder wählen noch abwählen kann, obgleich man ihre Gehälter zwangsweise mitfinanziert. Man merkt hier bereits: Christ und Demokrat ist ein Widerspruch in sich. Parteien mit einer solchen Namenskombination sollten in einer Demokratie verboten werden, weil hier zwei Herrschaftsansprüche aufeinanderprallen. Es wird Zeit für eine zweite Aufklärungsepoche in Deutschland. Eine echte Trennung von Kirche und Staat ist längst überfällig. HANS ENDREJAT, Neuenbürg

So’n Schaissdregg

■ betr.: „30 Jahre ohne uns“, taz vom 18. 10. 13

Eine gute Idee, dieser sympathischen und 30 Jahre lang gelungenen Sparte „Leibesübungen“ einmal eine Titelseite zu widmen. Ja, und über Mutti und Vati, darüber soll Deutschland ruhig reden. Aber warum müssen denn immer wieder von redaktionellen Spreeufer-Hinterhöfen die krypto-xenophoben Platituden und Klischees über süddeutsche, speziell südwestdeutsche angebliche Sprechunbeholfenheit wiederholt und bedient werden. Das erledigen doch Thierse und andere Berliner Konsorten. Das ist einfach Megascheiße, das S-Wort als Lieblingswort der ganzen Tagesausgabe von heute. Wer Alemannisch-Schwäbisch wirklich kann, erkennt für das Angesprochene den sprachspezifischen Gebrauch dieses vernichtenden Superlativs: So’n Schaissdregg. EKKEHARD SCHRÖDER, Potsdam