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LARS PENNING
Mit seinen filmischen Reflexionen über Filmgeschichte, seinem Metakino, hat Jean-Luc Godard wie kein anderer Regisseur die Kunst des Kinos in den letzten fünfzig Jahren beeinflusst – auch wenn seine Filme mit den Jahren immer unzugänglicher wurden. Einen kommerziellen Erfolg konnte er mit Ausnahme von „À bout de souffle“ (Außer Atem) sowieso nie realisieren. Das gilt auch für „Une femme est une femme“ (1961), mit dem sich Godard auf die gagreichen, eleganten Dreiecksgeschichten von Ernst Lubitsch bezieht: Die Stripteasetänzerin Angela (Anna Karina) möchte von ihrem muffeligen Lebensgefährten Emile (Jean-Claude Brialy) ein Kind haben, bringt ihn jedoch erst in Schwung, als sie einen Flirt mit dem gemeinsamen Freund Alfred (Jean-Paul Belmondo) beginnt. Inszenatorisch und ästhetisch ist der Film nah an der damaligen Gegenwart angesiedelt und reflektiert mit Ton- und Farbexperimenten die großen amerikanischen Musicals in Farbe und Cinemascope. Zu sehen im dritten Teil der Reihe mit den Lieblingsfilmen der Kritikerin Frieda Grafe; die Einführung zum Film hält die Videokünstlerin Constanze Ruhm. (Om engl. U, 30. 10. Arsenal 1)
Auch Godards Nouvelle-Vague-Kollege Jacques Rivette hat sich an einer Musical-Hommage versucht: In „Haut bas fragile“ (1995) erzählt er eine für ihn typische Geschichte voller Geheimnisse und Verschwörungen, in der sich die Lebenswege von drei Frauen kreuzen und eine ererbte Villa sowie Diskotheken, Bibliotheken und eine mysteriöse Organisation wichtige Rollen spielen. Doch vor allem geht es hier um die Bewegung zur Musik: Die kleinkriminelle Ninon (Nathalie Richard) ist immer in Action, die gerade aus langem Koma erwachte Louise (Marianne Denicourt) muss diese Bewegung erst wiederfinden. Dritte im Bund ist die Bibliothekarin Ida (Laurence Côte), die sich auf der Suche nach einem Lied (und nach ihrer Mutter) befindet. Immer wieder wird gesungen und getanzt. (OmU, 28. 10. Arsenal 1)
In ausnehmend schönen Breitwandbildern (allerdings ohne Gesang) inszenierte der Schweizer Regisseur Tobias Ineichen seinen Jugendfilm „Clara und das Geheimnis der Bären“: eine auf mehreren Zeitebenen miteinander verschränkte Mystery-Geschichte, in der die auf einem Berghof wohnende Clara in der Gegenwart Bären vor Wilderern retten muss, um ein vor 200 Jahren begangenes Unrecht wiedergutzumachen und einen Fluch aufzuheben. Natürlich gefällt Claras Einsatz für die Tiere bei weitem nicht jedem. Überzeugend ist sowohl die tolle Besetzung der Hauptrollen als auch die geheimnisvolle Stimmung des Films, der nie einem plumpen Grusel anheim fällt. (26. 10.–27. 10. Filmtheater am Friedrichshain)