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Archiv-Artikel

Im Krieg gegen das Mystische

Am Donnerstagabend beehren die eigenwilligen, experimentellen US-amerikanischen „Acid Bubblegum“-Rocker „The Flaming Lips“ die Hamburger Markthalle mit einem ihrer legendären Live-Auftritte

Donnerstag, 20 Uhr, Markthalle, Klosterwall 11

Immerhin schon 23 Jahre haben die aus Oklahoma City stammenden „The Flaming Lips“ auf dem Buckel. 1983 – selbstverständlich im Anschluss an eine wüste Drogenparty – wird die Band von Mark und Wayne Coyne sowie Michael Ivins gegründet. Das Equipment für die erste Jam-Session wird, so die Legende, aus einem Gotteshaus zusammengeklaut und der erste Auftritt in einem Transvestiten-Club der Heimatstadt absolviert. Anfangs verwursten die „Lips“ unermüdlich das Batman-Thema und covern überwiegend „The Who“. Mark Coyne steigt kurzerhand wieder aus der Band aus und sein Bruder Wayne übernimmt den Gesang und das Songwriting – bis heute ist er der unverzichtbare Schwerpunkt der Band. Das Schlagzeug wird nun von Richard English bearbeitet.

1985 erscheint dann die erste, selbstbetitelte EP der Band auf dem eigenen Label „Lovely Sorts of Death“, ein Jahr darauf folgt das Debüt-Album „Hear It Is“ auf dem kleinen Label „Restless Records“, auf dem auch die nächsten Alben „Oh My Gawd!“ und „Telepathic Surgery“ erscheinen. Nathan Roberts übernimmt statt English das Trommeln und Jonathan Donahue – Mitglied der Alternative Rocker „Mercury Rev“ _ stößt als vierter Mann zur Band. Dank ihrer bizarren Konzerte – mit Seifenblasenmaschinen, viel Konfetti, Ballons und Handpuppen – erspielt sich die Band stetig eine treue Fangemeinde.

Anfang der 90er meldet sich Warner Records bei der Band und bietet einen Vertrag an, zwei Jahre darauf folgt das Major-Debüt „Hit to Death in The Future Head“ – Donahue und Roberts verlassen die Band und werden durch Ronald Jones und Steven Drozd ersetzt. 1995 schließlich schafft es die Band mit der Single „She Don‘t Use Jelly“ vom Album „Transmissions from the Satellite Heart“ in die Top Ten, die TV-Serie „Beverly Hills 90210“ und die Late Night Show von David Letterman. Lange Touren folgen, die „Lips“ spielen als zweiter Headliner auf der Lollapalooza-Tour und als Vorband der „Red Hot Chili Peppers“.

1997 verabschiedet sich die Band vom klassischen Rock wie auch von Ronald Jones. Die verbleibenden drei Bandmitglieder definieren die Richtung der Band neu. Das experimentelle Album „Zaireeka“ erscheint – ein 4-CD-Album, das in vier CD-Playern simultan abgespielt werden soll.

Auch wenn die experimentellen Unternehmungen der Band reichlich Aufmerksamkeit in der Presse erlangen, schaffen die „Lips“ ihren endgültigen Durchbruch – nach 17 Jahren Bandgeschichte – erst mit dem 1999 erschienenen Album „Soft Bulletin“, auf dem verstärkt Synthesizer, hypnotische Beats und philosophische Texte Einzug halten. Das Album wird zum Underground-Hit, mit „Pet Sounds“ von den „Beach Boys“ verglichen und weithin als eines der besten Alben der Dekade gehandelt. Im Sommer 2002 folgt mit „Yoshimi Battles the Pink Robots“ ein weiterer Kritikerliebling. Erheblich zugänglicher als die vorherigen Alben beschert „Yoshimi“ der Band erstmals auch kommerziellen Erfolg.

In diesem Frühjahr hat nun das Album „At War with the Mystics“ das Licht der Welt erblickt, welches am Donnerstagabend live in der Markthalle zu bewundern sein wird. Dann wird sich herausstellen, ob das Magazin Q 2002 Recht hatte, als es „The Flaming Lips“ unter die 50 Bands eingereiht hat, die man sehen sollte, bevor man stirbt.ROBERT MATTHIES