Kultur wird nicht geköpft

Gute Nachricht für die Bremer Kulturszene: Bei einer Diskussion der Arbeitnehmerkammer hatten die kulturpolitischen Sprecherinnen nur Gutes zu berichten. Institutionen werden nicht gekürzt

von Klaus Wolschner

Es war kein Senator und keine Staatsrätin für Kultur da, als in der Arbeitnehmerkammer am Mittwochabend über die Zukunft der Kultur diskutiert werden sollte. Auch kein Abteilungsleiter – die Stelle ist schließlich seit mehr als einem Jahr verwaist. Der versammelten Kulturszene saßen drei Politikerinnen gegenüber, die nicht für die Exekutive, sondern in ihren Bürgerschaftsfraktionen für Kultur zuständig sind: Iris Spieß für die CDU, Karin Krusche von den Grünen, Carmen Emigholz von der SPD. Da keine von ihnen wirklich etwas zu entscheiden hat, der Kultursenator abwesend und sie sich erstaunlich einig waren, erinnerte die Diskussion an Schattenboxen: Der Gegner ist einfach nicht zu greifen.

Die drohenden Kürzungen im Kulturetat sind allerdings schon im Dezember ausgebügelt worden: Der Senat hat sich entschlossen, die Ansätze für Kultur um drei Millionen Euro pro Jahr anzuheben. Drastische Kürzungen konnten damit abgewendet werden, fünf bis zehn Prozent „waren angedacht“, freute sich die CDU-Kulturpolitikerin Spieß. Das ist nun vom Tisch: „Die institutionelle Förderung kann nicht weiter gesenkt werden“, bekannte sie. Das hörten die versammelten Kulturschaffenden gern. Spieß setzte eins drauf: Ziel sei es, „dass wir keine Institution schließen müssen. Das war ein wichtiger Punkt für uns.“ Der neue Kultursenator Jörg Kastendiek habe viel bewegt, der Umzug der Volkshochschule sei nur ein Beispiel – sie warb für Optimismus.

Blieb nur die Frage, was aus der Idee der „Projektmittel“ wird, also einen Teil des Kulturhaushaltes von den Institutionen zu lösen und auf Antrag an einzelne „Projekte“ zu vergeben. Das gehe nicht auf Kosten der institutionellen Fördersummen, meinte Spieß. Das bedeutet: Projektmittel gibt es vielleicht als „Spielgeld“, nicht als tragenden Bestandteil bremischer Kulturpolitik. Jeweils 500.000 Euro zusätzlich soll es in den Jahren 2006 und 2007 geben, berichtete Carmen Emigholz – aus Investitions-Töpfen. Was 2008 ist, weiß derzeit niemand.

Keine Kürzung bei Institutionen? Die Volkshochschule soll zehn Prozent gekürzt werden, warf Karin Krusche ein, „unzumutbar“ sei das, weil gerade diese Institution wertvolle Kulturarbeit für Menschen leiste, die sich teure Eintritte nicht leisten können. Da sei wohl im Koalitionsausschuss etwas schief gelaufen, räumte Emigholz ein: Da sei übersehen worden, dass die VHS auch unter den Kürzungen des Weiterbildungsbereiches leide, also doppelt. Man müsse „kreativ“ nach Lösungen suchen. Halt, schaltete sich da die Leiterin der VHS, Barbara Loer ein, sie habe doch für den nächsten Morgen – das wäre gestern gewesen – einen Termin, wo von ihr erwartet würde, dass sie einen „Kontrakt“ zur zehnprozentigen Kürzung unterschreibe. Emigholz war sichtlich irritiert. Immerhin fand der Unterschrifts-Termin dann gestern doch nicht statt.

Die versammelte Kulturszene war dabei froh über den guten Willen der kulturpolitischen Sprecherinnen. Dass es – wie seit 1998 debattiert – Kontrakte mit der Kulturbehörde gibt, die den Institutionen über ein paar Jahre Planungssicherheit geben könnten, das wagte kaum jemand zu hoffen. „Wir arbeiten daran“, sagte Spieß. Oder wenigstens Transparenz der kulturpolitischen Entscheidungen? Katrin Rabus, die Galeristin und frühere Sprecherin der kulturpolitischen Initiative Anstoß, meinte, ein Gewinn wäre ja schon, wenn in der Kulturbehörde der „Service“-Gedanke Platz greifen würde. Zum Beispiel, dass man eine Antwort bekäme, wenn man einen Brief schreibe.