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Archiv-Artikel

„Wenig rechtsextreme Burschen“

In Hannover mussten Studentenverbindungen unter Polizeischutz feiern. Landtagspräsident Gansäuer lobte mehrheitlich demokratische Burschen

Ohne Kommandos läuft beim „Festkommers“ der Hannoveraner Burschenschaften nichts. Einmarschieren, hinsetzen, aufstehen, trinken und wieder setzen. In voller Tracht saßen am Samstagabend die Repräsentanten der studentischen Verbindungen aus Hannover auf der Bühne. Mütze und Tönnchen auf dem Kopf, Band und Klinge um die Brust gelegt, waren sie mit festem Schritt in den „Kuppelsaal“ einmarschiert. Der Einzug der Chargierten von der Straße ins „Hannoversche Congress Centrum“ (HCC) musste aber ausfallen. Der Grund: Eine Demonstration gegen die rechten Verbindungen der Burschenschaften.

Stattdessen klirrten die Waffen beim Aufstehen und Setzen im Saal. Den Gästen des Kommers anlässlich des 175-jährigen Jubiläums der Universität Hannover gefiel es. Die „Arbeitsgemeinschaft Festkommers“ um Alexander Bayaumy war hoch erfreut über den Hauptredner, Landtagspräsident Jürgen Gansäuer. Der CDU-Politiker hatte trotz Kritik sein Kommen nicht abgesagt. Es sei „unglücklich“, erklärte er vor dem Auftritt, dass in den Vorständen der Burschenschaften „wenige Rechtsextreme“ sitzen, betonte jedoch: „Die überwiegende Mehrheit der Studentenverbindungen ist demokratisch eingestellt.“ Ob Gansäuer wie angekündigt die Burschenschaften „an ihre demokratischen Pflichten“ erinnerte, durfte die taz nicht mitbekommen. „Sie sind hier unerwünscht“, erklärte ein Organisator der taz vor Beginn der Rede, trotz Akkreditierung. Nur „seriöse Presse“ sei erwünscht.

Die taz hatte über die Proteste gegen die rechten Verbindungen einzelner beteiligter Burschenschaften berichtet. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel betonte: „Der Landtagspräsident sollte nicht bei Vereinigungen auftreten, die sich nicht klar nach rechts abgrenzen.“

Vor das HCC waren unter dem Motto „Verbindungen kappen – Burschen anfechten – den Festkommers entweihen!“ an die 600 Gegendemonstranten gezogen. „Nachdem Bayaumy dem AStA per gerichtlichem Beschluss die Werbung für die Demonstration untersagen ließ, solidarisierten sich weitere Gruppen“, erklärte eine Sprecherin. Ein Redner erinnerte auf der Gegenkundgebung daran, dass Burschenschaften bereits 1926 den deutsch-jüdischen Philosophen Theodor Lessing von der Hannoverschen Universität vertrieben hatten. 1933 erschossen nationalsozialistische Mörder Lessing im tschechoslowakischen Exil.