„Eigensinn wurde gefördert“

AUSSTELLUNG Die Galerie im Park zeigt Art Brut – Kunst von geistig Behinderten und psychisch Kranken

■ ist Kulturwissenschaftler und Leiter des Krankenhaus-Museums im Klinikum-Ost.

taz: Herr Tischer, was verbindet die geistig behinderten und psychisch kranken Künstler, deren Werke Sie zeigen?

Achim Tischer: Sie sind Menschen, denen man ihren Eigensinn nicht nur gelassen, sondern auch gefördert hat. Ihnen wurden Räume, Zeit und Materialien zum Arbeiten gegeben. Sie sind keine vorgebildeten Künstler, Kunst ist dennoch für sie zum Leben geworden. Woanders wäre das so gar nicht mehr möglich.

Wie meinen Sie das?

Der Künstler Karl Cornelius etwa hatte in der Einrichtung, in der er lebte, ein eigenes Atelier. Dort hat er mit Vogelobjekten gearbeitet und auch Vögel gehalten – da gab es auch Vogeldreck. Das ließen heute allein schon die Hygienebestimmungen nicht mehr zu. Künstlerisches Schaffen ist heute meist nur eine therapeutische Übung.

Das lehnen Sie ab?

Maltherapie ist natürlich wichtig. Aber als Künstler zu leben wie Karl Cornelius ist etwas anderes. Wenn man Menschen das zubilligt, können sie eine eigene Qualität und Kompetenz entwickeln. Sie können ihren eigenen Zugang zur Welt finden und auch durch Ausstellungen Erfolge und Bestätigung erleben.

Wie ist denn der Zulauf zu Art-Brut-Ausstellungen?

Die sind sicherlich nicht Mainstream. Viele der Besucher haben auch im eigenen Leben mit den Themen der Künstler zu tun. Diese Werke haben aber wirklich ein großes Publikum verdient. Auf dem Kunstmarkt insgesamt hat sich die so genannte Outsider-Kunst übrigens etabliert und wird hoch gehandelt. INT.: THA

Bis 6. 6., Mittwoch bis Sonntag von 15 bis 18 Uhr, Galerie im Park, Klinikum-Ost