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Archiv-Artikel

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Mit ihrer Rolle in dem Western „The Outlaw“ hatte der Millionär, Exzentriker und Filmproduzent Howard Hughes das ehemalige Fotomodell Jane Russell zum ersten „Busenstar“ der Kinogeschichte stilisiert. Glücklicherweise konnte sie sich in späteren Jahren von diesem Image emanzipieren: Mit Charme und Witz spielte sie dann vornehmlich sehr souveräne Frauen, die ihr Schicksal selbst bestimmen. In ihrem größten Erfolg, dem Musical-Klassiker „Gentlemen Prefer Blondes“ (1953) von Howard Hawks, verbindet Russell als männermordende Brünette clever beide Elemente miteinander. Einerseits trieb der brillante Komödienregisseur Russells Sexbomben-Image ins absurde Extrem: Als von männlichen Sportlern in fleischfarbenen Slips umringte Nymphomanin singt sie „Is anyone here for love?‘‘ und würde am liebsten gleich die ganze Olympiamannschaft vernaschen. Andererseits zeigt sich in ihrem loyalen Verhältnis zur Freundin Lorelei (Marilyn Monroe), der ultimativen Personifizierung der dummen Blondine, dass sie auch locker für zwei denken kann und im Gegensatz zu Lorelei genau weiß, wo es langgeht. Im Übrigen sind nicht nur die beiden Frauen überzeichnete Charaktere – die Männer kommen alle noch viel schlechter weg. Von den hirnlosen Olympioniken bis zu dämlichen Millionären, die den Damen auf einer Schiffsreise nachstellen und von einer infantilen Peinlichkeit zur nächsten stolpern: eine grausame Komödie über die Schwächen der Menschen. ((OmU) 3. 11., Arsenal 1)

Eine Expedition in Not: 1933 drehte Bergfilmpionier Arnold Franck in der Arktis das Drama „SOS Eisberg“ und konfrontierte seinen Stamm-Darsteller Sepp Rist mit kalbenden Gletschern, riesigen Eisbergen, schmelzenden Treibeisfeldern, angriffslustigen Eisbären und einem dem Wahnsinn verfallenen Expeditionsteilnehmer (Gibson Gowland). Den Kameramännern Hans Schneeberger und Richard Angst gelangen dabei atemberaubende Naturaufnahmen der Eiswelten. Die Rettung kommt dann schließlich in Gestalt von Leni Riefenstahl. (3. 11., Bundesplatz-Kino)

Der eigentliche Grund für das Zustandekommen von Roberto Rossellinis Drama „Viaggio in Italia“ (1953) war wohl das Interesse des Regisseurs an den Ausgrabungen von Pompeji. Ingrid Bergman, die selbige im Film besuchen muss, war mit dem Konzept allerdings nicht sonderlich glücklich, ebenso wenig wie ihr Ko-Star George Sanders, der mit Rossellinis Vorliebe für die Improvisation nicht zurechtkam. Dem Film kam das Unbehagen der Darsteller allerdings zupass: Die immer etwas verloren wirkenden Personen sind perfekt in der Geschichte einer Entfremdung während der Reise durch Italien. ((OmU) 2. 11., Arsenal 1)