DVDESK
: Kalte Glut

„The Tarnished Angels“ („Duell in den Wolken“, Regie: Douglas Sirk, mit Rock Hudson, Dorothy Malone u. a., USA 1957)

Düstere, finstere Weite mit Film-noir-Assonanzen, Mardi-Gras-Stimmung mit Masken und frenetischem Tanz

Es ist die Geschichte von Roger Shumann (Robert Stack), Fliegerheld im Ersten Weltkrieg, und jetzt, es ist das Jahr 1932, nur noch eine Jahrmarktsattraktion; er verdient sein Geld und riskiert Kopf und Kragen in Wettkämpfen, bei denen er um Masten im Kreis fliegt. Es ist die Geschichte von LaVerne Shumann (Dorothy Malone), einer Schönheit aus dem ländlichen Ohio, die sich in Roger verliebte, einen Sohn von ihm hat (falls er von ihm ist), und nun als Sideshow mit fliegendem Kleid vor den Fliegerwettkämpfen mit dem Fallschirm abspringt.

Roger behandelt sie rüde, sie will von ihm weg und will es doch nicht, oder kann es nicht, oder sie will ihr Unglück, oder sie weiß nicht, was sie will. Und es ist die Geschichte von „Jiggs“ (Jack Carson), Roger Shumanns Mechaniker, der LaVerne liebt, hoffnungslos, treu wie ein Hund, auch er bewegt sich im Kreis. Diener seines Herrn, von der Frau, die er liebt, zwar nicht verachtet, aber auch nicht geliebt.

Diese drei sitzen fest im Unglück, das sie einander bereiten, seit Jahren. Da kommt einer, der diesen Kreis sprengt. „Duell in den Wolken“ ist nämlich auch die Geschichte von Burke Devlin (Rock Hudson), Reporter bei einer Zeitung in New Orleans auf der Suche nach einer Geschichte. Sie kommen ihm recht: Der Held, der keiner mehr ist, die verbitterte Schönheit, die Willa Cathers Roman „My Antonia“ liest, der Mechaniker zwischen den beiden, die Welt der Fliegerei vor der Stadt, Menschen, so erzählt er es seinem Chef, von einem anderen Planeten.

Ob er wirklich was wittert, ob er sich etwas einredet oder ob er sich, der ohnehin ein Alkoholproblem hat, mit Fleiß kopfüber ins Unglück stürzt: Fragen, die Douglas Sirk in diesem Film stellt (übrigens eine Verfilmung von William Faulkners Roman „Pylon“). Zum Glück hält er sie offen – und zwar indem er sie Szene für Szene subtil neu nuanciert.

Es hängt ein großes Schild in der Redaktion: „Is it interesting?“ steht darauf, als Leitfrage für die Reporter. Interessant ist gar kein Ausdruck für das, was Devlin sich da einhandelt, mal davon abgesehen, dass sein Chef ihn zwischendurch feuert. Er holt sich nämlich ein veritables Melodrama ins Haus. Weil sie keine Unterkunft finden, übernachten die drei (und der Sohn) in seiner Wohnung. Man teilt sich Couch, Tisch und Bett. Nächtliches Tête-à-tête mit LaVerne, Roger schläft bei offener Tür im Zimmer daneben, sie zieht Bluse und Kleid aus, Blick auf Burke Devlin, der ihr mit halb offenem Mund dabei zusieht, Blick auf LaVerne, die das Frivole mit großer Selbstverständlichkeit tut, verführende Unschuld. Szenen wie diese sind der Kern dieses Films, der viel suggeriert und nichts ausbuchstabiert. Geflogen wird auch, aber immer im Kreis.

„Duell in den Wolken“ ist in Cinemascope gedreht, aber schwarz-weiß. Düstere, finstere Weite mit Film-noir-Assonanzen, Mardi-Gras-Stimmung mit Masken und frenetischem Tanz. Statt der Edelsublimationen der Sirk’schen Farbmelodramen bleibt es hier aber bei kalter Glut, Bewegung im Kreis, Unglück, das Unglück nach sich zieht, das alles so pervers, wie es der production code gerade noch erlaubt.

Sirk hatte die Stars seines immens erfolgreichen Films „Written on the Wind“ in diesen, den er im Jahr darauf drehte, einfach mitgenommen. Publikum und Kritik waren dennoch entgeistert. Heute gilt der Film als einer von Sirks besten, er sah das in einem späten Interview auch so. Die britische Blu-ray-Edition bei Masters of Cinema behandelt ihn zum Glück als das Meisterwerk, das er ist, jede Menge Begleitmaterial inklusive. Eine deutsche Ausgabe des Films gibt es bislang leider nicht. EKKEHARD KNÖRER

■ Die Blu-Ray-Edition von Masters of Cinema ist via UK-Import für circa 30 Euro erhältlich; günstigere DVD-Ausgaben des Films sind im auch im Handel, wenn auch nicht in der Editionsqualität von Masters of Cinema