Am Kamin des Imperators

„Bild“-Chef Kai Diekmann und Sabine Christiansen treten als Stichwortgeber für Bushs Werben um die Gunst der Deutschen auf und sonnen sich im Glanz präsidialer Macht

Dankbarkeit ist ein edles Motiv für Gefälligkeiten. Und Angela Merkel war Vorzeige-Talklady Sabine Christiansen und Verlegerin Friede Springer sicherlich dankbar. Für den wohlwollenden Umgang mit ihr in den langen Kämpfen, aus denen die erste CDU-Vorsitzende schließlich als erste deutsche Bundeskanzlerin hervorging.

Allmählich hatten sich die Unterstützerinnen also eine kleine Aufmerksamkeit verdient, die dann ein bisschen größer ausfiel: eine Audienz bei US-Präsident George W. Bush, den Sabine Christiansen, für alle, die ihn nicht kennen, vorsorglich als „wichtigsten Politiker der Welt“ einführte. Bush revanchierte sich, indem er der TV-Moderatorin das gute Gefühl gab, auch nicht gänzlich unbedeutend zu sein. So was nennt man wohl Win-win-Situation.

George W. Bush hat durch seine Interviews in Bild/BamS und bei „Christiansen“ nicht nur den Egos zweier deutscher Journalisten geschmeichelt, die dafür nicht eben unempfänglich sind, wie die Ich-bin-hier-der-Mittelpunkt-Fotos von Bild-Chefredakteur Diekmann mit dem Präsidenten und das penetrante Gewinnerlächeln Christiansens eindrücklich illustrieren. Vielmehr hat Bush mit seiner moderierten State-Of-The-Union-Ansprache ans deutsche Volk ein ganzes Land umarmt.

Dazu wäre es jedoch vermutlich auch ohne Merkels – zugegeben unterstellte – freundliche Vermittlung gekommen: „Christiansen“ ist trotz aktuell wieder anschwellenden Kritikergesangs nun mal das führende Politschaulaufen im deutschen Fernsehen. Außerdem ist Sabine Christiansens „Zart, aber fair“-Stil ideal für den rhetorisch bekanntermaßen schwachen Bush.

Und dass daneben die einzige deutsche Zeitung ins Weiße Haus eingeladen wird, die den Brückenschlag vom „einfachen“ Boulevard-Leser zum gehobeneren Milieu schafft, verwundert auch nicht weiter. Zumal der Springer Verlag nach dem 11. September 2001 die „Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika“ zum neuen Unternehmensgrundsatz ausgerufen hat, auf den alle Mitarbeiter vertraglich eingeschworen sind.

Doch das war’s dann auch. Wer hinter dem Bush-Bonbon vom Wochenende neue Allianzen wittert, liegt falsch. Denn diese Allianz gibt es längst: Das entscheidende Motiv vom Tag der Kanzlerwahl zeigt Friede Springer und Sabine Christiansen, wie sie von der Bundestagstribüne gerührt auf die zu vereidigende Dame blicken und sich zu Recht als Teil dieses Triumphes fühlen dürfen.

Im Gegensatz zur publizistischen Männerachse Schirrmacher–Aust–Döpfner ist vom Damenkränzchen Angela M., Sabine C. und Friede S. jedoch nicht viel mehr zu erwarten. Da hilft es auch nicht, dass Bush seine Freundin Angela so ausdauernd eine „starke Frau“ genannt hat – wofür sie sich wohl bei Gelegenheit erkenntlich zeigen muss. Schon wieder. STG, DENK