: Musik aus Küchen
Im Selbstverlag die weite Welt erobern: Das neue Album von Kitty Solaris wandelt zwischen Folk und Schwermut
Die Songs, die sie als Kitty Solaris in den Clubs dieser Stadt vorträgt, schreibt Kirsten Hahn vornehmlich in ihrer Küche. Weil diese Stücke anfangs auch noch gerne vom Drumcomputer unterstützt wurden, entstand der Eindruck, bei Kitty Solaris habe man es mit einer späten Nachzüglerin der Wohnzimmerszene zu tun, einer neuen Barbara Morgenstern womöglich.
Dieser Eindruck, sagt zumindest die Protagonistin selbst, sei allerdings vollkommen falsch. Längst sind Kitty Solaris vom Duo zur Band gewachsen, haben den Stecker aus dem Computer gezogen und den bislang so besinnlichen Sound um laute Elemente erweitert. Live schließlich, auf der Bühne, da sei man eh „wesentlich rockiger als auf Platte“. Deshalb sind die meisten Songs auf dem neuen Album, „Future Air Hostess“, zwar in entspannter und vom Folk geprägter Atmosphäre aufgenommen worden, es gibt aber auch breit verzerrte Gitarren. Keine popgeschichtliche Revolution, aber doch eine Sammlung aus wundervollen Melodien und immer wieder der Stimme von Hahn, die als Sängerin und Songschreiberin gerade so melancholisch ist, dass einem weh ums Herz wird, ohne dass man in Depressionen verfällt. Kurz: Diese Platte ist der Beweis, dass man den Ruf vom ewigen Geheimtipp nicht umsonst vor sich her getragen hat.
„Future Air Hostess“ wird – wie schon die zuvor erschienenen, noch elektronischeren Platten – vorerst nur im Selbstverlag erscheinen. Hahn plant, ein eigenes Label zu gründen, wobei sie, ohne Agentur oder Management, eh schon „alles selbst“ macht. Mit Wohnzimmer hat man es also beileibe nicht zu tun, sondern eher mit der konsequenten Verwirklichung des Indie-Gedankens. Selbst das altmodische „act locally, think globally“ kommt wieder zu Ehren, wenn auch als leicht abgeänderte Strategie: Man plane, sich nicht auf den bislang noch eher mäßigen Erfolg in heimischen Gefilden zu beschränken, lässt Hahn verlauten, sondern auch „international bekannt zu werden“. Das ist ein Weg, immerhin – von der kleinen Küche in die weite Welt. THOMAS WINKLER
Kitty Solaris: „Future Air Hostess“. Über www.kitty-solaris.de und folgende Plattenläden: Schöner Hören, Marienburger Str. 39, Dense Records, Danziger Str. 16, Vopo Records, Danziger Str. 31, Station B, Kastanienallee 94