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Archiv-Artikel

BIG BROTHER

Von HP

Die elektronische Fußfessel, Electronic Monitoring, wird in den USA, in England, den Niederlanden und Schweden eingesetzt. Sie wird am Knöchel oder am Handgelenk angebracht und sendet über eine ans Telefon angeschlossene Data-Box per Funk Anwesenheitssignale in eine Zentrale. Ein Zentralcomputer registriert die Frequenz und informiert die zuständigen Bewährungshelfer oder Kontrolleure bei Abwesenheit automatisch.

In Hessen startete 2000 ein Modellversuch. Angewendet werden die Geräte in Deutschland bisher nur zur Vermeidung von Untersuchungshaft und als Bewährungsauflage bei geringen Freiheits- oder Reststrafen. Der Modellversuch wurde vom Max-Planck-Institut wissenschaftlich begleitet. Mittlerweile feiern ihn Politiker als Erfolg. Richter und Staatsanwälte sind zufrieden, Bewährungshelfer weniger begeistert. Die niedrige Rückfallquote der Täter führen sie darauf zurück, dass die wenigen, handverlesenen Probanden mit festem Wohnsitz und Telefon sehr viel mehr Betreuung bekämen als andere Verurteilte. Das Fazit des hessischen Justizministerium fiel äußerst positiv aus: Die Fußfessel habe bei den meisten der bisher 244 Straftäter Eigeninitiative und Selbstdisziplin befördert.

Die Debatte um die Fußfessel treibt seltsame Blüten. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) schlug sie vor einem halben Jahr zur Überwachung der „3.000 gewaltbereiten Islamisten in Deutschland“ vor, die wegen ihnen in ihren Heimatländern drohender Folter nicht abgeschoben werden könnten, am besten gleich mit GPS. Der ehemalige hessische Justizminister Christean Wagner (CDU) hatte laut darüber nachgedacht, ob sich EM nicht auch als Disziplinarmaßnahme für Langzeitarbeitslose und Suchtkranke eigne. Er musste dann schleunigst einräumen, damit nur langzeitarbeitslose Straftäter gemeint zu haben. Andere Befürworter können sich die lückenlose Überwachung zum Opferschutz, bei chronisch Kranken oder bei der Überwachung spielender Kinder vorstellen. Bürgerrechtsbewegungen warnen vor einem solchen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger. HP