SPD und Linke wollen Privatschulen nicht

SCHULDAUERSTREIT CDU und FDP wollen die Bürgerschaft auf die Akzeptanz von privaten Grundschulen festlegen – SPD und Linkspartei lehnen das ab, die Grünen – wie gehabt – aus Koalitionsrücksicht auch

Bewegt sich die Haltung der CDU in der Nähe der Verfassungsfeindlichkeit, wie Jürgens-Pieper einwirft? Rohmeyer kontert mit der Frage, ob das Verwaltungsgericht auch verfassungsfeindlich geurteilt habe

„Ich wünschte, Sie könnten Ihrem Gewissem folgen“, dass erklärte gestern der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Magnus Buhlert an die Adresse der Grünen. Die hatten durch ihre bildungspolitische Sprecherin Anja Stahmann vorher wortreich erklärt, dass sie die Genehmigung von zwei privaten Grundschulen aus rechtlichen und bildungspolitischen Gründen befürworten würden – aber gegen einen Antrag von CDU und FDP stimmen müssten, der genau dies formulierte – mit Rücksicht auf die Koalition. Die Linksfraktion stimmte aus Überzeugung für die SPD-Position.

Private Schulen führten zur weiteren sozialen Entmischung in den staatlichen Schulen, das war das Kern-Argument des bildungspolitischen Sprechers der SPD, Mustafa Güngör. In Anlehnung an den Schulkompromiss der Weimarer Republik, so erklärte die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper, sei der Vorrang der öffentlich-rechtlichen Volksschule im Grundgesetz festgeschrieben worden. Das Bundesverfassungsgericht hat das „sozialstaatliche und egalitär-demokratische Gedankengut“ dieser Zielsetzung unterstrichen.

Anja Stahmann verwies dagegen auf die Kindertagesstätten, die zu 70 Prozent in der Hand privater Träger seien – die Frage der sozialen Entmischung stelle sich da auch nicht. Magnus Buhlert verwies darauf, dass die Schulbehörde es durchaus in der Hand habe, die Zuschüsse an die privaten Schulträger zu erhöhen – wenn das Schulgeld für „Entmischung“ verantwortlich gemacht werde, dann sei die mangelhafte Finanzausstattung durch die Schulbehörde der Grund. In allen anderen Bundesländern erhalten Privatschulen höhere Zuschüsse.

Claas Rohmeyer (CDU) kritisierte das Misstrauen der SPD gegenüber Menschen, „die sich selber kümmern wollen“. Private Schulen seien eine Herausforderung für staatliche Schulen, die keine „Schutzzäune“ bräuchten, sondern durch ihre Qualität attraktiv wirken müssten.

Als Jürgens-Pieper einwarf, die Haltung der CDU bewege sich „bedenklich“ in der Nähe der Verfassungsfeindlichkeit, konterte Rohmeyer mit der Rückfrage, ob das Verwaltungsgericht Bremen auch verfassungsfeindlich geurteilt habe. Das hatte in beiden Fällen, nämlich der Freien Kinderschule und der Humanistischen Schule, die ablehnende Haltung der Behörde zurückgewiesen. Die Schulsenatorin will in die Berufung vor das Oberverwaltungsgericht gehen.

Im Hintergrund der Privatschuldebatte steht die Krise an der Wilhelm-Kaisen-Schule. Zu dieser Sekundarschule am Standort des alten Gymnasiums Huckelriede waren die Schulen Kornstraße und Gottfried-Menken-Straße verschmolzen worden – beide hatten Akzeptanz-Probleme in ihrem Stadtteil gehabt, die durch den Neustart überwunden werden sollten. Nach mehreren Jahren zeichnet sich nun ab, dass der Tapetenwechsel mit Neustart nicht zu der erwarteten höheren Akzeptanz bei den Eltern leistungsstärkerer Kinder in dem Stadtteil geführt hat. Das Problem liegt einerseits in dem hohen Migrantenanteil in dem Einzugsgebiet Huckelriede / Neustadt, andererseits aber auch in der Sogwirkung der Gesamtschule Leibnizplatz auf der einen und der Evangelischen Bekenntnisschule auf der anderen Seite.

Mit einer Arbeitsgruppe und einer neuen Schulleitung will die Schulbehörde nun einen zweiten Neustart versuchen. kawe