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Archiv-Artikel

Indígenas marschieren für Anerkennung ihrer Rechte

ARGENTINIEN Die Bewegung der Urbevölkerung wird stärker und Präsidentin Kirchner empfängt sie

Indigene wollen den Feiertag abschaffen, der an Amerikas „Entdeckung“ erinnert

BUENOS AIRES taz | Irma Villanueva steht in ihrer traditionellen Stammeskleidung vor dem Regierungsgebäude in der Hauptstadt Buenos Aires und wartet darauf, von Präsidentin Cristina Kirchner empfangen zu werden. Die 64-jährige Frau von der indigenen Gemeinschaft aus Ingamana ist aus der Provinz Catamarca gekommen und will zusammen mit anderen Vertretern der indigenen Völker der Präsidentin ein Petitionsschreiben übergeben.

Argentiniens Urbevölkerung kämpft um die Anerkennung ihrer Territorien und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Nach offiziellen Angaben gehören rund 600.000 Argentinier zu 30 Völkern, die sich in 920 Gemeinschaften aufteilen. Die größte ist mit knapp 114.000 die Gemeinschaft der Mapuche.

In einem mehrtägigen Sternmarsch waren die Angehörigen der 30 Völker vor allem aus den nördlichen Provinzen am Donnerstag auf die Plaza de Mayo ins Zentrum der Hauptstadt gezogen. An der Abschlussveranstaltung vor dem Regierungsgebäude nahmen auch viele Menschen nichtindianischer Abstimmung teil. Die staatliche Nachrichtenagentur Telam zählt 20.000 Menschen.

Villanueva hatte sich am 14. Mai dem Marsch angeschlossen, der zwei Tage zuvor an der nördlichen Grenze zu Bolivien gestartet war. Nach dem allgemeinen Erstarken der Bewegungen der lateinamerikanischen Urbevölkerung und dem Sieg von Evo Morales in Bolivien als erstem indigenen Staatspräsidenten hat auch die Urbevölkerung in Argentinien wieder an Stärke zugenommen.

Villanuevas Gemeinschaft lebt in unmittelbarer Nähe der großen Erzmine Alumbrera, wo im Tagebau Gold- und Kupfer gewonnen wird. Die Mine raubt den Indigenen ihr Land, verschlingt ihr Wasser und vergiftet ihre Umwelt mit Zyankali.

Mit der Forderung nach einem „plurinationalen Staat“ verlangen die Indigenen die Anerkennung ihrer angestammten Rechte auf Land und gesunde Lebens- und Umweltbedingungen und die Respektierung ihren kulturellen Identitäten als Urbevölkerung. Sie fordern die Streichung des 12. Oktober als nationalen Feiertag, der als „Tag der Rasse“ an die sogenannte Entdeckung Amerikas erinnert, und die Anerkennung indianischer Feiertage, wie den „Tag der Pachamama“ als Feiertag im nationalen Kalender. Außerdem verlangten sie die Herausgabe der sterblichen Überreste ihrer Vorfahren aus den nationalen Museen.

Argentiniens Beziehungen zum plurinationalen Staat Bolivien und dessen Präsidenten Morales sind mehr als gut. Tatsächlich wird Villanueva dann zusammen mit den anderen Vertretern der indigenen Völker im Regierungsgebäude von Präsidentin Kirchner empfangen. Diese spricht sich für eine „Respektierung der kulturellen Identitäten“ und die „gemeinsame Rückgewinnung der verlorenen Rechte“ der Indígenas aus. „Als Argentinier“, fügt sie immer hinzu, so dass niemand eine Sonderrolle der indigenen Identitäten herausinterpretieren kann. Konkrete Zusagen macht sie aber nicht. JÜRGEN VOGT