: Wo leben Sie denn, meine Herren?
VON PLUTONIA PLARRE
Seit Jahr und Tag ist der Kiez rund um die Kurfürstenstraße in Schöneberg Strich. Die Potsdamer Straße war schon vor 100 Jahren eine Rotlichtmeile. Drogenabhängige gehen dort anschaffen und Frauen aus Rumänien und Bulgarien, die damit die Familien in ihren Herkunftsländern ernähren. Es ist blanke Armutsprostitution. Der Konkurrenzkampf ist hart. „Lecken? Ficken? Blasen?“ – Vertreter des männlichen Geschlechts werden direkt und schamlos mit einem Griff zwischen die Beine angegangen. Auch wenn Kinder dabei sind. Vielen Anwohnern gefällt das nicht. Aber die meisten haben gelernt, damit zu leben. Schnell weitergehen und nicht hingucken ist ihre Devise.
Es hat schon viele Versuche gegeben, den Radius der Prostituierten einzuschränken. Solange es eine Nachfrage gibt, wird man das Problem nicht lösen. Nun hat der SPD-Bezirksstadtrat Oliver Schworck den Vorschlag gemacht, den Prostituierten zwischen 4 Uhr morgens und 20 Uhr abends Sperrzeiten zu verordnen. Innensenator Henkel und die CDU-Bezirksverordneten wollen das Vorhaben vorantreiben.
Hauptstoßzeit am Tag
Meine Herren, wo bitte leben Sie denn? Die Hauptstoßzeiten auf dem Straßenstrich sind doch gerade tagsüber. Wie sollen sich Ihre Geschlechtsgenossen denn rechtfertigen, wenn sie abends das Haus verlassen? Und überhaupt: Wer soll die Einhaltung der Sperrzeiten eigentlich kontrollieren? Das Spiel kennen wir doch schon: Die Polizei schiebt den Schwarzen Peter auf das Ordnungsamt. Und dieses schiebt ihn seinerseits wieder zurück. Nichts wird passieren. Ergo: Man kann alles lassen, wie es ist.
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