Berliner WASG bleibt auf Kriegskurs

Landesverband der Wahlalternative will weiterhin bei den Wahlen in der Hauptstadt antreten – notfalls als „WASB“

BERLIN taz ■ Der bizarre Kampf zwischen Bundes- und Berliner WASG geht in die nächste Runde. „Stalinist“-Rufe, Pfeifen und höhnisches Gelächter musste Hüseyin Aydin am Dienstagabend erdulden, als er den Sonderparteitag der Berliner WASG betrat. Der Beauftragte des Bundesvorstands forderte die Delegierten auf, bei der Abgeordnetenhauswahl im September nicht in Konkurrenz zur Linkspartei anzutreten. Ohne Erfolg.

Aydin hatte zwar kurz vor seinem Auftritt die Wahlanzeige der Berliner zurückgezogen. Doch der am Sonntag für abgesetzt erklärte Landesvorstand sprach Aydin die Befähigung dazu ab und „bekräftigte“ seine Wahlanzeige. Bis Mai 2007 wollen Linkspartei und WASG auf Bundesebene fusionieren.

Bei dem Sonderparteitag sprachen die Delegierten bei nur einer Gegenstimme dem Landesvorstand ihr Vertrauen aus. Einstimmig beschlossen sie einen Antrag, in dem der Bundesvorstand aufgefordert wird, seine Maßnahmen gegen die Landesverbände in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zurückzunehmen. Aydin rief den Landesverband erneut zum gemeinsamen Wahlkampf mit der Linkspartei auf. Allein werde es langfristig „keine der beiden Parteien schaffen“.

Die Berliner WASG-Spitzenkandidatin Lucy Redler konterte unter dem Applaus der Delegierten: „Wir sind der Garant dafür, dass die neue Linke nicht auf der Basis der Politik der Berliner Linkspartei gebildet wird.“ Der Ex-PDS werfen die Berliner eine neoliberale Politik vor und fordern einen Ausstieg aus der Senatskoalition mit der SPD.

Zum Showdown auf dem Parteitag kam es, weil gestern die Frist zur Anmeldung für die Berliner Abgeordnetenhauswahl ablief. Am 1. Juni muss nun der Landeswahlausschuss entscheiden, ob er die WASG zur Wahl zulässt. Die Bundesspitze will Alleingänge in den Ländern verhindern. Offiziell, um rechtliche Probleme für die Bundestagsfraktion zu vermeiden. Doch geht es auch darum, das angekratzte öffentliche Ansehen der so genannten neuen Linken nicht weiter durch Streit zu beschädigen.

An eine Einigung glauben die Kontrahenten nicht mehr. Axel Troost vom WASG-Bundesvorstand prophezeite ein Festhalten am Fusionskurs. Die Berliner sollten bei einem eigenen Wahlantritt den Namen „WASG“ ablegen. „Dann solltet Ihr sehen, dass Ihr bis morgen noch eine Anmeldung hinkriegt“, sagte Troost.

Daran hatten einige der Angesprochenen bereits gedacht. Gestern meldete sich eine WASG-Splittergruppe unter dem Namen WASB beim Landeswahlleiter an: „Wahlalternative Soziales Berlin“. Nach eigenen Angaben hat sie 20 Mitglieder.

MATTHIAS LOHRE