: Frisches Geld für die Bildung
SCHULREFORM Fast 1.000 neue Lehrerstellen will der Senat bis 2016 schaffen. Kurios: Opposition applaudiert Extra-Schulden in zweistelliger Millionenhöhe
■ kleinere Klassen sollen 57 Stellen ermöglichen, weitere 97 die Einrichtung neuer Ganztagschulen
■ für Fortbildung und Unterrichtsentwicklung erhalten die Schulen 133 Stellen – befristet bis 2014
■ das Sitzenbleiben vermeiden sollen zwei Jahre lang 25 Stellen
■ individualisierter Unterricht an Stadtteilschulen: 64 Stellen
■ den Fachunterricht an der Primarschule unterstützen 83 Stellen
■ je 10 Stellen gehen an die Sprachförderung in den Klassen 5 und 6 und die Oberstufen der Stadtteilschulen. Ferner werden die Vorschulklassen verkleinert und Schulleiter entlastet
Der schwarz-grüne Senat hat in einer Mitteilung an die Bürgerschaft die Kosten für die Schulreform konkretisiert. Demnach werden von 2010 bis 2016 insgesamt 970 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen, zwei Drittel für kleinere Klassen und Ganztagsschulen, das dritte für die qualitative Verbesserung in Primar- und Stadtteilschule. „Andere reden von Kürzungen im Bildungsbereich“, sagte GAL-Schulsenatorin Christa Goetsch. Hamburg dagegen investiere „massiv in seine Schulen für bessere Chancen der jüngeren Generation“.
Bei seiner Aufschlüsselung unterscheidet der Senat zwischen zwei Arten von Kosten: einerseits den ursprünglich für die Schulreform eingeplanten, andererseits jenen, die sich durch den Schulkompromiss ergeben, der im Februar mit SPD und Linksfraktion geschlossen wurde. Demnach hätte die Reform selbst – mit einer geplanten Klassengröße von 25 Kindern – von 8,6 Millionen Euro im Jahr 2010 bis 27,9 Millionen Euro im Jahr 2016 gekostet. Auf Druck der SPD wird die Klassengröße an Primarschulen aber auf 23 Kinder, in ausgesuchten Gebieten sogar auf 19 Kinder reduziert. Zudem wird im Sommer das Büchergeld abgeschafft und die Ausstattung der Stadtteilschulen verbessert. Kosten für diese beiden Maßnahmen: 74 Millionen Euro, die über das „Sondervermögen Konjunkturstabilisierungsfonds Hamburg“, finanziert werde – sprich: über Schulden.
Dennoch erntet der Senat für diese neuen Schulden Lob von der oppositionellen SPD: „Rechtzeitig vor dem Volksentscheid wird klar: Senat und SPD meinen es ernst mit den Vereinbarten Schulverbesserungen“, ließ gestern der SPD-Politiker Ties Rabe mitteilen. Mittelfristig werde sich die zweistellige Millioneninvestition für die Stadt auszahlen, befindet er: „Wir wollen uns nicht damit abfinden, dass jedes Jahr rund ein Viertel aller Hamburger Schüler die Schule ohne ausreichende Bildung verlässt.“
Auch die Lehrergewerkschaft GEW, Linkspartei und Grüne lobten die Mehrausgaben. Einzig die Reformgegner von der Initiative „Wir wollen Lernen“ um Sprecher Walter Scheuerl monierten die neuen Schulden. Der Deutsche Lehrerverband Hamburg, der die Primarschule ebenfalls ablehnt, sähe das Geld lieber in die Kita-Sprachförderung gesteckt und will dafür heute ein Konzept vorstellen.
Der Löwenanteil der knapp 1.000 Extra-Stellen soll der Verkleinerung von Klassen oder besser ausgestatteten Stadtteilschulen zukommen – und die stellen bislang nicht mal die Primarschulgegner in Frage. KAJ