Soldatenmörder in London vor Gericht

GROSSBRITANNIEN Die beiden Islamisten, die im Mai den Soldaten Lee Rigby auf offener Straße köpften, müssen sich jetzt vor Gericht verantworten – in einem Verfahren mit scharfen Medienrestriktionen

AUS LONDON DANIEL ZYLBERSZTAJN

Zum ersten Mal stehen die beiden mutmaßlichen Mörder des britischen Soldaten Lee Rigby, der am 22. Mai auf offener Straße unweit der Londoner Kaserne Woolwich abgeschlachtet worden war, vor Gericht. Michael Adebolajo, 28, der sich selbst Mujahid Abu Hamza nennt , und Michael Adebowale (Ismail Ibn Abdullah), 22, traten am späten Montagnachmittag gemeinsam im Londoner Old Bailey auf. Als der Prozess im September begonnen hatte, mussten sich die beiden nur per Videolink identifizieren. Jetzt waren sie im Gerichtsstaal, Adebolajo im schwarzen Kamiz und Adebowale in einem weißen Pullover. Beide verhielten sich ruhig und bestätigten lediglich ihre Personalien.

Die Handyvideoaufnahme, in der Adebolajo mit blutverschmierten Händen seine Tat rechtfertigte, konnte im Mai weltweit verfolgt werden. Adebowale sah man damals mit einem Messer am Straßenrand stehen. Angeblich hatten die beiden ihr Opfer erst mit einem Auto angefahren und danach erstochen und enthauptet. Die Tat hatte eine Welle von Angriffen auf islamische Einrichtungen und Proteste aus dem rechtsextremen Milieu nach sich gezogen.

Am Montag demonstrierte eine kleine Gruppe von etwa 15 Personen vor dem Gerichtshof mit Bannern wie „Britische Veteranen gegen die Islamisierung Großbritanniens“. Kriegsveteran Robert Gray, 59, verlangte in voller Uniform inklusive Verdienstorden, „dass die Angeklagten an den Galgen gehörten, mindestens aber lebenslang ohne Bewährung“.

Innerhalb des stark bewachten Gerichts ging es eher um Verfahrensfragen. Der Prozess wurde zunächst auf Donnerstag vertagt. Einzelheiten der Verhandlung jenseits der Identität der Beteiligten und den Anklagepunkten zu berichten ist den Medien vom Vorsitzenden Richter Nigel Sweeney untersagt worden.

Experten betonen, dass die Biografie der Angeklagten eine Rolle bei der Bewertung ihrer Tat spielen müsste. Die Kriminologin Claire Lee von der Universität Portsmouth weist gegenüber der taz darauf hin, dass Adebowale einst einen rassistisch motivierten Mord auf einen persönlichen Freund miterlebt haben soll, bei welchem er selber verletzt wurde. Psychiater Jeff Victoroff von der Universität Südkalifornien meint, dass ein solches Erlebnis zu Rachegelüsten führen kann. „Posttraumatische Belastungsstörungen bringen die emotionale Regulierung durcheinander und senken die Reizschwelle, bei der unproportionale Reaktionen provoziert werden können.“ Auch Adebolajo wurde ein potenzielles Trauma nachgesagt, da er in Kenia vom dortigen Geheimdienst 2011 angeblich gefoltert und gedemütigt wurde.