Sergej Barbarez, Rat a. D. : VerschmähterLiebhaber
■ genießt in seiner Heimat mehr Respekt als in Hamburg: In Mostar heißt eine Straße nach ihm Foto: dpa
Sergej Barbarez, 38, war Stürmer und Mittelfeldspieler. Groß, nicht besonders schnell, mit einem guten Auge und Gefühl für Tempo, Rhythmus und Spielsituationen. Er war schlau und launisch, hatte Mut zu risikoreichen Pässen, lamentierte über Schiedsrichter und Mitspieler, war für alle unberechenbar und genoss, auch bei den Fans des Hamburger SV, nie die Achtung, die er verdient hatte. Wahrscheinlich haben ihn dieselben Nasen ausgepfiffen wie in dieser Saison Tunay Torun.
Barbarez, der in Hamburg ein Haus gebaut hat, verließ den Verein 2006, weil er auch in Aufsichtsrat und Vorstand nicht nur Freunde hatte, was sich daran zeigte, dass die Höhe seines Gehalts der Bild-Zeitung gesteckt wurde, die nur darauf wartete, die Zahl von 2,4 Millionen Euro zu veröffentlichen. Er spielte noch bis 2008 in Leverkusen und ist nun auf der Suche nach einer erfüllenden Tätigkeit. Die Bosnier wollten ihn zum Nationalcoach machen, doch im Verband stimmt es nicht. Er saß seit Januar 2009 im HSV-Aufsichtsrat und bewarb sich nun, obwohl Verantwortliche des HSV verkündet hatten, dass dies wegen der Interessenkollision nicht passieren würde, als Nachfolger von Vorstand und Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer.
Eine, verglichen mit seinem Verdienst als Fußballer, mäßig honorierte Tätigkeit. Nachdem sich der Aufsichtsrat nach langer Suche knapp aber deutlich für den Praktikanten der Pressestelle und Ex-Spieler Bastian Reinhardt entschieden hat, trat Barbarez als Aufsichtsrat zurück. Es war typisch für dieses von Eitelkeiten, persönlichem Ehrgeiz, Seilschaften und Intrigen bestimmte Gremium. Der HSV, der für einen wie Barbarez Verwendung haben müsste, interessiert im Aufsichtsrat kaum einer.
Barbarez war mit seinem Rücktritt nicht gut beraten. So, wie es beim HSV gerade zugeht, ist vieles möglich. Auch das Unmögliche. Wer weiß, was Barbarez noch hätte werden können.ROGER REPPLINGER