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Archiv-Artikel

Arved Fuchs wieder im Warmen

Der Abenteurer aus dem schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt hat Kanadas nördlichste Insel besucht – bei 40 Grad unter Null auf dem Hundeschlitten. Die Erfrierungen im Gesicht sind sogar schon wieder verheilt

Zu den Gefahren der Arktis hat der Abenteurer Arved Fuchs ein unsentimentales Verhältnis. Auf seiner diesjährigen Expedition zu Ellesmere Island, der nördlichsten Insel Kanadas, hatte er einen jener Schmöker über gescheiterte Polarfahrten dabei, in denen sich die Teilnehmer gegenseitig aufessen. „Nicht nachahmenswert“, sagt der Mann aus Bad Bramstedt, 35 Kilometer nördlich von Hamburg, trocken.

Fuchs und seine drei BegleiterInnen waren auf Skiern und mit einem Hundeschlitten 44 Tage lang in der ansonsten menschenleeren Wildnis unterwegs: 44 Tage ohne Gelegenheit, sich zu waschen, aufs Klo bei 40 Grad unter Null, 30 Kilometer täglich über Schnee und Eis und das mit einer Ausrüstung, bei der allein das Hundefutter eine halbe Tonne wog. Dafür erlebte das Team hautnah ein Rudel Polarwölfe und fand Wegmarken historischer Expeditionen, deren Herkunft zum Teil ungeklärt ist.

Ellesmere Island war ein Ausgangspunkt für viele Nordpol-Expeditionen. Von hier aus starteten Robert Peary und Frederick Cook, die beide von sich behaupteten, als erster am Pol gewesen zu sein. 80 Jahre später, 1989, begann Arved Fuchs hier als Mitglied der Icewalk-Expedition seinen 1.000-Kilometer-Marsch zum Pol. Damals war er über Ellesmere Island hinweg an die Nordküste geflogen. Diesmal war die Insel selbst sein Ziel.

Am 7. April starteten Fuchs und sein Team von der Wetterstation Eureka auf 80 Grad nördlicher Breite. Auf 90 Grad liegt der Nordpol. Fuchs‘ Frau, Brigitte Ellerbrock, und der Fotograf Torsten Heller zogen je einen Schlitten selbst, zuweilen unterstützt von Zugdrachen. Den Hundeschlitten fuhren Fuchs und der vierte Expeditionsteilnehmer, Falk Mahnke. Die zu Beginn extreme Temperatur und die Anstrengung, die schwere Last über Presseis und Schneeverwehungen zu ziehen, zehrte an ihren Kräften. 5.000 Kalorien pro Tag nahmen Menschen und Hunde zu sich. Zumindest die Menschen verloren dabei trotzdem an Gewicht.

Die Unwirtlichkeit einer solchen Umgebung ist für Fuchs auch eine mentale Herausforderung. „Man muss seinen Frieden mit dieser Kälte und dieser Landschaft gemacht haben“, findet der Expeditionsleiter. Aus psychologischen Gründen hatte jeder der Teilnehmer ein Buch dabei. „Man weiß ja nicht, ob man vom Sturm festgehalten wird“, sagt Fuchs.

Kurz nach dem Start schloss sich ein Rudel weißer Wölfe der Karawane an. Sie hatten die Schlittenhunde als Eindringlinge ausgemacht und versuchten, diese anzugreifen. Die Schlittenführer Fuchs und Mahnke hielten die Wölfe mit ihren langen Peitschen fern. In den hellen Polarnächten musste stets ein Mitglied des Teams Wache halten.

Besonders berührt hat Fuchs und seine Begleiter der Moment, in dem sie ein Wegzeichen Pearys fanden. Der Forscher hat es bei einer Hundeschlitten-Expedition zur Axel-Heiberg-Insel 1905/1906 errichtet. 1930 hinterließ der deutsche Geologe Hans Erich Krüger hier eine Nachricht. Von ihm und seinen Männern fehlt jede Spur.

Fuchs und Co. drangen bis zum 83. Breitengrad vor. Inzwischen hatte ein ungewöhnlich zeitiger Frühling knietiefen Pulverschnee, Bruchharsch und Nebel gebracht, so dass das Fortkommen extrem mühselig war. Als das Team eine glatte Eisfläche fand, ließ es sich ausfliegen.GERNOT KNÖDLER