Wolf deckt Schieber im Diplomatenpelz

FDP-Innenminister Ingo Wolf verteidigt im Landtag die Zusammenarbeit seiner Ausländerbehörden mit einem mutmaßlichen Menschenhändler und Schlepper. Grüne und SPD kritisieren, dass Wolf den Mann laufen ließ

DÜSSELDORF taz ■ Im Skandal um die Zusammenarbeit der nordrhein-westfälischen Ausländerbehörden mit einem mutmaßlichem Menschenhändler und Schlepper aus Guinea, N‘Faly Keita, haben SPD und Grüne Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP) scharf kritisiert. Viel zu spät habe Wolf auf Vorwürfe reagiert, N‘Faly Keita sei ein krimineller Schleuser, so die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Monika Düker, gestern im Landtag: „Wolf hat ihn laufen lassen.“

Ausgestattet mit offiziellen Papieren der Berliner Botschaft Guineas hatte eine Delegation unter Keitas Leitung zusammen mit der Ausländerbehörde Dortmund die Identität afrikanischer Flüchtlinge überprüft. 321 abgelehnte Asylbewerber wurden Keita vorgeführt – diejenigen, die er als Staatsbürger Guineas erkannt haben will, sollten dorthin abgeschoben werden. Doch bereits direkt nach der Gegenüberstellung klagten Flüchtlinge, sie seien von Keita selbst nach Europa eingeschleust worden (taz berichtete). „Wir bräuchten keine Angst vor einer Abschiebung haben. Er kenne seine Kunden, für die Listen der Deutschen würde er schreiben, wir kämen aus Sierra Leone“, soll Keita den Asylbewerbern gesagt haben.

Trotz bestehender Zweifel, trotz berechtigten Verdachts hätten Wolfs Behörden also mit einem bekannten Menschenhändler zusammengearbeitet, klagt nun Düker. Aufklärung fordert auch der SPD-Abgeordnete Thomas Kutschaty: Der Innenminister habe „viel zu langsam“ gehandelt. „Es geht hier um Menschen, die um ihr Leben fürchten müssen“ – Keita soll den Flüchtlingen gedroht haben, sich in Guinea an ihren Familien zu rächen. Bei einer Abschiebung wären die Flüchtlinge auch selbst bedroht: Der Menschenhändler gilt in seinem Heimatland zwar als korrupt, hat aber großen Einfluss und beste Verbindungen zur Präsidentengarde der Militärdiktatur.

FDP-Innenminister Wolf wies die Vorwürfe in der Landtagsdebatte, die bei Redaktionsschluss noch andauerte, zurück. Ausgestattet mit Papieren der Botschaft habe Keita quasi Diplomatenstatus genossen. Die Zusammenarbeit der Ausländerbehörden mit Keitas Delegation sei grundsätzlich korrekt gewesen, hatte der Minister vorab in einer Antwort auf eine Anfrage Dükers mitgeteilt: Während die Identitätsermittlung in Dortmund nur 343 Euro pro Person koste, hätte eine so genannte „Sammelvorführung“ der Flüchtlinge bei der Botschaft Guineas in Berlin den Landeshaushalt mit je rund 450 Euro belastet.

Die Asylbewerber müssen damit weiter mit ihrer Abschiebung in die Militärdiktatur rechnen. Strafrechtliche Maßnahmen gegen Keita, der Deutschland mittlerweile wieder verlassen hat, werden so immer unwahrscheinlicher. Zwar laufen Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft, doch die Flüchtlinge wollen aus Angst vor Keitas Rache nicht mit den deutschen Justizbehörden zusammenarbeiten, bleiben bisher anonym. Ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht für aussagewillige Flüchtlinge aber lehnt der NRW-Innenminister ab. „Guinea gilt nach Aussage des Auswärtigen Amtes als sicher. Daran halten wir uns“, so Wolfs Sprecher Ludger Harmeier zur taz. Einen Brief von Reinhard Zimmermann, Bochumer Anwalt zweier grundsätzlich aussagewilliger Flüchtlinge, ließ Wolf unbeantwortet. „Dabei könnte Wolf als Innenminister den Flüchtlingen ein grundsätzliches Aufenthaltsrecht garantieren“, klagt Zimmermann – „etwa über ein Zeugenschutzprogramm“. ANDREAS WYPUTTA