Gespräche über den Atomstreit mit Iran

In Wien tagen die Außenminister der Vetomächte des Sicherheitsrats und Deutschlands. Die Regierung in Teheran reagiert verhalten bis ablehnend auf das Gesprächsangebot aus Washington und weist die von den USA gestellten Bedingungen zurück

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Einen Tag, nachdem die USA sich erstmals zu direkten Gesprächen mit Teheran über das iranische Atomprogramm bereit erklärt haben, sind die Außenminister der fünf ständigen Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrats sowie Deutschlands gestern Abend in Wien zusammengekommen. Ziel war es, ein „Paket von Anreizen“ zu vereinbaren, um Teheran zur Aufgabe der Urananreicherung zu bewegen, sowie von Strafmaßnahmen für den Fall, dass Iran diese Forderung nicht erfüllt.

US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte am Mittwoch die Bereitschaft der Bush-Administration zur Teilnahme an direkten Gesprächen mit Teheran (gemeinsam mit dem EU-Trio) erklärt – allerdings unter der Bedingung, dass Iran zuvor „sämtliche Aktivitäten zur Urananreicherung sowie zur Wiederaufarbeitung vollständig und nachweisbar suspendiert“. In Berlin und anderen EU-Hauptstädten wurde diese Erklärung einhellig als eine „wirkliche Stärkung der Bemühungen“ für eine diplomatische Lösung des Atomstreits begrüßt. Auch der russische UNO-Botschafter Wital Tschurkin sprach von einem „deutlichen Zeichen, dass die USA eine Lösung des Konflikts auf dem Verhandlungsweg“ anstrebten. Sein chinesischer Amtskollege Wang Guangy reagierte zwar ebenfalls grundsätzlich positiv, kritisierte aber die Vorbedingungen der Bush-Administration.

Die ersten Reaktionen aus Teheran waren überwiegend zurückhaltend bis ablehnend. Die „Tatsache, dass die USA ihre Gesprächsbereitschaft geäußert haben, kann positiv gewertet werden“, erklärte der außenpolitische Sprecher des Parlaments in Teheran, Kasem Dschalali. Doch die Vorbedingungen der USA seien „nicht angemessen“. Der von Washington verlangte Stopp der Urananreicherung komme für die iranische Führung „nicht in Frage“. Ähnlich äußerte sich auch der iranische Ölminister. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna wertete die Gesprächsofferte aus Washington als „Propagandaschritt der USA“. Flexibler gab sich Außenminister Manutschehr Mottaki: „Wir werden unser natürliches Recht auf die Urananreicherung nicht aufgeben, wir werden darüber nicht reden. Aber wir können über unsere gegenseitigen Bedenken sprechen.“

Diese Stellungnahme ließ zumindest die Möglichkeit offen, dass Iran zwar nicht zur endgültigen Aufgabe seines im Atomwaffensperrvertrag verankerten Rechts auf Urananreicherung bereit sein könnte, aber doch zu einer möglicherweise mehrjährigen Aussetzung entsprechender Aktivitäten. Anzeichen für eine solche Bereitschaft der iranischen Führung hatte der Direktor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Mohammed al-Baradei, bei seinen jüngsten Gesprächen in Teheran festgestellt.

Bei den Wiener Gesprächen der sechs Außenminister (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland) sollte ein von dem EU-Trio entworfenes Paket von Anreizen an Teheran vereinbart werden, darunter technische und wirtschaftliche Kooperation, Unterstützung für den Aufbau einer zivilen Nuklearindustrie im Iran, Garantien für die Brennstoffversorgung sowie eventuell die Lieferung von Leichtwasserreaktoren. Zugleich sollte eine Einigung über den Text einer Resolution des Sicherheitsrats erzielt werden, für den Fall, dass Teheran seine Urananreicherung beibehält. In dieser Resolution soll nur noch ausdrücklich die Möglichkeit von Wirtschaftssanktionen nach Artikel 41, Kapitel 7 der UNO-Charta erwähnt werden. Damit sollen militärische Maßnahmen nach Artikel 42 zunächst ausgeschlossen bleiben.

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