„Steiner als Hellseher“

VORTRAG Unter dem Titel „Schulen für Arier“ spricht Peter Bierl über Anthroposophie und Rassismus

■ 50, ist Journalist und Autor des Buches „Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister“ über die Anthroposophie.

taz: Herr Bierl, was haben Waldorfschulen mit Rassenlehre zu tun?

Peter Bierl: Nach der Vorstellung Rudolf Steiners, des Gründers der Anthroposophie, treten auf der Erde sieben Wurzelrassen auf, die jeweils bestimmte weltgeschichtliche Aufgaben zu erfüllen haben. Sie spalten sich in jeweils sieben Unterrassen. In der Gegenwart ist die fünfte arische Wurzelrasse führend, die germanische Unterrasse soll eine Rückkehr zur Spiritualität vorbereiten.

Man denkt zunächst an Lernen ohne Noten.

Viele Eltern schicken ihre Kinder auf Waldorfschulen, weil sie ihnen den Druck des staatlichen Schulsystems ersparen wollen. Das Angebot der Waldorfpädagogik ist in den letzten Jahren stark gewachsen und in vielen Regionen sind sie der größte Anbieter für das grün-alternative Klientel. An den Schulen lehren aber nicht nur Anthroposophen und im Einzelfall sind die Inhalte schwer nachzuvollziehen. Grundlage der Waldorfpädagogik sind aber die Lehren Steiners, etwa über Karma und Reinkarnation.

Und das schließt Steiners Rassen mit ein?

Von Rassen wird nicht mehr ausdrücklich gesprochen. Heute ist die Rede von Kulturepochen. Und rassistisch soll das auch deshalb nicht sein, weil der Mensch in verschiedenen Rassen immer wiedergeboren werde und so Teil vieler Kulturen sei. Das Denken steckt da aber unverändert drin und alle anthroposophischen Publikationen berufen sich direkt auf Steiner.

Diesen Spuren wollen Sie heute Abend nachgehen?

Das ist ein Thema des Abends. Außerdem kritisiere ich das Selbstverständnis der Anthroposophie als Geisteswissenschaft. Gemeint ist eine Lehre, in der Engel, Geister und Dämonen spuken. Steiner präsentierte sich als Hellseher, der in Vergangenheit und Zukunft schauen konnte, seine Anhänger glauben daran bis heute.

Im Internet warnen Anthroposophen vor dem umtriebigen Peter Bierl. Sind das Einzelfälle?

Als mein Buch erschienen ist, gab es auf Veranstaltungen wütende Attacken von Gläubigen. In Diskussionen wird Kritikern oft vorgeworfen, von Dämonen besessen zu sein.

Und – sind sie das?

Nicht dass ich wüsste. Ich arbeite aus einer grundsätzlich antifaschistischen Motivation. An Karma und Reinkarnation zu glauben, ist erstmal Privatsache. Grundlage einer kindgerechten Pädagogik, wie Waldorfpädagogen behaupten, ist das aber ganz sicher nicht.  INTERVIEW: JAN-PAUL KOOPMANN

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