„Mit passenden Strukturen“

VORTRAG Eine Bildungsexpertin referiert zum Thema altersgemischtes Lernen in Kita und Grundschule

■ 62, ist seit 13 Jahren Professorin für Elementar- und Grundschulpädagogik an der Universität Bremen.

taz: Frau Carle, Elternvertreter in Bremen kritisieren, dass ab dem kommenden Kita-Jahr auch Kinder unter drei Jahren in den Kindergarten sollen – was ist daran so schlimm?

Ursula Carle: Um das beurteilen zu können, muss man schauen, ob dahinter ein jahrgangsübergreifendes pädagogisches Konzept steckt oder eine Maßnahme, um Geld zu sparen. Der pädagogische Aspekt sollte im Vordergrund stehen.

Wird der nicht auch gerne vorgeschoben, obwohl es in Wahrheit nur ums Sparen geht?

Das ließe sich recht einfach nachweisen, denn jeder Entwicklungsprozess benötigt ja auch Ressourcen für die Entwicklungsarbeit. Wenn die gegeben sind, gibt es entwicklungs- und lernpsychologisch keine Gründe für eine Alters-Differenzierung. Im Gegenteil.

Wo liegt der Vorteil?

Kinder unterschiedlichen Alters lernen voneinander, und zwar viel mehr als von Gleichaltrigen. Auch ein zweijähriges Kind lernt von einem sechsjährigen Kind – und das Gleiche gilt für Gruppen in der Grundschule. Das geht aber nur mit passenden Strukturen.

Wie sollten die aussehen?

Ein Kind muss den Freiraum bekommen, den es braucht. Es müssen Regeln verabredet werden, damit beispielsweise ein jüngeres Kind nicht dauernd an einem älteren rumzuppelt, das in irgendetwas vertieft ist. Und Ältere dürfen nicht Aufsichtspersonen für Kleinere werden. INTERVIEW: SCHN

19 Uhr, Haus der Wissenschaft