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Archiv-Artikel

Geld aus dunklen Kanälen

Die Düsseldorfer Landesregierung will das Wassergesetz ändern. Dann könnten Kommunen ihre Abwasseranlagen privatisieren. Einige Städte hoffen bereits auf Millionen aus dem Verkauf

VON KATHARINA HEIMEIER

Nordrhein-westfälische Kommunen haben eine neue Einnahmequelle für sich entdeckt: Nach den Cross-Border-Leasing-Deals und der Privatisierung der Abfallentsorgung in den vergangenen Jahren wollen sie nun ihre Abwasserkanäle verkaufen. Dies soll Geld in ihre leeren Kassen spülen und sie der maroden Abwasserrohre entledigen.

Denn da besteht ein hoher Investitionsbedarf. Rund 15 Prozent der nordrhein-westfälischen Abwasserkanäle sind sanierungsbedürftig, schätzt das Institut für unterirdische Infrastruktur aus Gelsenkirchen. Das sind 12.000 der 87.500 Kilometer Kanalnetz. Der Haken bei dem für die Kommunen attraktiven Geschäft: Es ist bisher nur mit komplizierten Ausnahmeregelungen möglich.

Abhilfe könnte eine Änderung des Landeswassergesetzes schaffen. Darüber denkt die Landesregierung zurzeit nach. Geplant ist die Gesetzesnovelle nach der Sommerpause – die „Frage einer möglichen Privatisierung der Abwasserkanäle“ sei aber offen, sagt Markus Fliege, Sprecher des Umweltministeriums.

Auf die Privatisierungserlaubnis wartet beispielsweise die Stadt Bottrop, die den Verkauf der städtischen Abwasserrohre als eine Möglichkeit zur Sanierung des Haushaltes prüft, wie Ulrich Schulze von der Stadt der taz sagte. Der Stadt Hamm brachte das Geschäft mit der Kloake rund 150 Millionen Euro zur Haushaltssicherung. Dies bestätigte der Stadtkämmerer. In Oberhausen rechnete man allein durch den Verkauf der Nutzungsrechte für das Kanalnetz mit 300 Millionen Euro. Der Plan scheiterte aber 2003 an einer geänderten Steuergesetzgebung.

Interessiert an dem Geschäft sind neben großen Energieversorgern zum Beispiel die Wasserwirtschaftsverbände, deren Aufgabe bisher die Reinhaltung des Wassers ist. „Die sind schon Profis und wollen sich neue Geschäftsfelder erschließen“, sagt Martin Lehrer, Sprecher des nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebundes, in dem 360 Kommunen organisiert sind.

Für Lehrer sind die Pläne der Städte mit den Abwasserkanälen Symptome der kommunalen Haushaltskrisen. Eine Änderung des Landeswassergesetzes hält er für unnötig. „Solche Geschäfte würden den Kommunen nur kurzfristig Erleichterung schaffen“, sagt er. Und die eigentlichen Leidtragenden seien die Bürger. Denn für die wird es teuer, wenn die Kanäle privatisiert sind, befürchtet Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW. Denn anders als die Kommunen seien Privatunternehmer bei der Abwasserentsorgung nicht von der Umsatzsteuer befreit. Die Umsatzsteuer treffe am Ende die Bürger, die sie über steigende Abwassergebühren bezahlen müssten. Auch Horst Becker, kommunalpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, befürchtet: „Die Bürger werden mehr zahlen müssen und schlechtere Leistungen bekommen.“

Genau diese Frage soll nach Auskunft von Friedhelm Ortgies, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, nach der Sommerpause in einer Anhörung mit Experten im Landtag geklärt werden. „Wir wollen eine Lösung finden, die Bürger und Industrie nicht zusätzlich belastet.“ Auch die Bottroper Bürger sollen nach Willen der Stadt im Falle eines Verkaufs der städtischen Kloake nicht mehr zahlen. „Die Maßgabe ist, dass sich an der Gebührenstruktur nichts ändert und die Bürger weiter günstige Tarife bekommen“, sagt Sprecher Schulze.