: Neue Abstimmung über EU-Verfassung
EU-Ratspräsident Wolfgang Schüssel spricht sich für gleichzeitiges Referendum in allen Mitgliedstaaten aus
BERLIN rtr ■ Im Streit um die EU-Verfassung hat der amtierende EU-Ratspräsident Wolfgang Schüssel eine gemeinsame Volksabstimmung in allen Mitgliedstaaten ins Gespräch gebracht. „Eine Volksabstimmung, die in allen EU-Staaten gleichzeitig stattfindet, kann ich mir gut vorstellen“, sagte Österreichs Bundeskanzler der Bild am Sonntag. „Angenommen wäre die Verfassung, wenn die Mehrheit der europäischen Bevölkerung und die Mehrheit der Staaten zustimmt.“ Er sei davon überzeugt, dass etwas Neues zu der Verfassung hinzukommen müsse. „Solche Vorschläge müssen aber von jenen Ländern kommen, in denen die Verfassung abgelehnt wurde – also von Frankreich und den Niederlanden.“ Die Verfassung werde gebraucht, weil es derzeit in der Europäischen Union äußerst komplizierte Entscheidungsstrukturen gebe. „Die müssen wir drastisch vereinfachen, sonst droht der Gemeinschaft Handlungsunfähigkeit.“
Die Verfassung liegt seit den gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden 2005 auf Eis. Das Nein der Franzosen hatte Europa schockiert. Wenige Tage später lehnten auch die Niederländer das Vertragswerk ab. Viele Menschen wehrten sich damit gegen eine verstärkte Integration der Staaten und soziale Rückschritte, die sie durch die Aufnahme weniger entwickelter Länder befürchteten. In Frankreich war das Referendum auch ein Protestvotum gegen die konservative Regierung und deren Wirtschaftspolitik.