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Archiv-Artikel

Davor steht ein kleiner Eiffelturm

Natalie Tenbergs Gastro-Kritik: Im Bistrot Français in Berlin-Wedding kann man französisch essen, ohne einen Preisschock zu bekommen

4.000 BND-Mitarbeiter sollen in Zukunft aus Pullach nach Berlin ziehen. Zeit für den Geheimdienst, sich nach einem Restaurant umzusehen, wo Agenten konspirativ zusammenkommen können. Immer nur in der Kantine zu essen macht nämlich zeitweise vergesslich. Nicht in unmittelbarer Nähe zum geplanten BND-Hauptsitz an der Chausseestraße, aber für Neuberliner von dort aus leicht zu finden ist das Bistrot im Centre Français an der Müllerstraße im Wedding.

Man muss immer nur geradeaus fahren. Das Lokal liegt kurz vor der Julius-Leber-Kaserne, davor steht ein kleiner Eiffelturm, auf dessen Spitze die Tricolore weht. Eine Vorhut haben die Bayern auch schon organisiert, eine Bildungsgruppe der SPD-Ingolstadt. Die prüfen, ob das Lokal auch Bayern-tauglich ist. Das Gebäude strahlt den Zeitgeist der 60er aus. Fast glaubt man, Jacques Tati als Monsieur Hulot aus „Playtime“ durch die Tür laufen zu sehen. Viel Glas, kantige Formen, schnörkellos. Die fidele Bildungsgruppe, meist ältere Semester, stört sich nicht dran, sondern trinkt Wein und plant den nächsten Tag in der großen Stadt.

Im großen Restaurant liegt dunkles Laminat aus, das mit den roten Samtbezügen der Sitzbuchten harmoniert. Die Bezüge sind leicht abgewetzt, als hätte das Lokal schon bessere Tage gesehen. Französische Werbeplakate sollen Savoir-vivre vermitteln. Eleganz wurde angestrebt, aber nicht erreicht. Macht aber nichts, denn der Reiz des Bistrot Français liegt auch darin, dass man französisch essen kann, ohne einen Preisschock zu kriegen.

Für unter 15 Euro bekommt man ein kleines Menü aus Vorspeise und Hauptgericht. Das Thunfischmousse überrascht durch seine Leichtigkeit und den intensiven Geschmack. Die Knoblauchsuppe bleibt ihrem Namen ebenso treu und schmeckt, nun ja, nach Knoblauch. Das Fischragout als Hauptgericht wird mit einer Mischung aus wildem und geschältem Reis serviert. Das ist abwechslungsreich und sieht schön aus. Obwohl schon fettige Fischarten wie Lachsforelle im Ragout enthalten sind, hat der Koch nicht an Sahne gespart.

Das schmeckt, aber nach einer halben Portion stehen auch guten Essern Schweißperlen auf der Stirn. Die Lammkeule ist ordentlich, leicht rosa, genau richtig. Das Bistrot ist kein elegantes Lokal für besondere Anlässe, aber eine gute Adresse für den, der Lust auf die Küche Frankreichs hat, egal ob zum Frühstück oder zum Abendessen. Bei Verlassen des Lokals winkt die SPD-Truppe noch fröhlich zum Abschied. Man merkt: Auch den Bayern gefällt es im Bistrot.

BISTROT IM CENTRE FRANÇAIS DE BERLIN, Müllerstr.74, 13349 Berlin-Wedding, Tel (0 30) 45 02 22 29, www.restaurantducfb.de, tägl. 8–0 Uhr geöffnet, U-Bahn Rehberge, Salat ab 6,60 €, Fleischgerichte ab 9 €