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Archiv-Artikel

Krank aus Armut oder mangelnder Bildung?

Das Bremer Institut für Präventionsforschung (BIPS) diskutierte über die Ursachen schlechter Gesundheit

Von kawe

„Kinder, von denen mindestens ein Elternteil Abitur hat, verzehren häufiger Obst, Käse und Milch, seltener Weißbrot, Chips, Limonade und Fleisch“ – so fasste Antje Richter von der Landesvereinigung für Gesundheit in Niedersachsen das Problem zusammen. „Arme Kinder ernähren sich öfter falsch, bewegen sich weniger, und ihre Eltern gehen seltener mit ihnen zu Vorsorge-Untersuchungen“, sagt die Direktorin des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS), Iris Pigeot-Kübler, das gestern im Haus der Wissenschaft einen Fachtag zum Thema organisierte.

32 Prozent der Bremer Kinder leben unter Armutsbedingungen, berichtete Carola Bury von der Arbeitnehmerkammer. In Bremerhaven sind es gar 40 Prozent. Als „arm“ gilt, wer über weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügt.

Dabei ist die Chance, aus eigener Kraft die Armutssituation zu überwinden, ziemlich gering – Armut „vererbt“ sich über die Generationen. Die Reformen von Sozial- und Gesundheitssystem verschärfen dabei den Druck.

Was tun? Mehr Geld zur Verfügung stellen? Deutschland kombiniere ein maximal teures Sozialsystem mit minimalen Effekten, konterte Stern-Reporter Walter Wüllenweber auf dem Fachtag. Und provozierte viele mit seiner These: „Das Elend ist keine Armut im Portemonnaie, sondern die Armut im Geiste.“ Viele der Kinder, die ohne Frühstück ins die Schule kommen, hätten ein Handy und würden mehr teure „Fast Food“-Mahlzeiten zu sich nehmen als Kinder aus gebildeten Familien. Auch zwischen „Armut“ und Zigarettenkonsum gibt es eine eindeutige Korrelation. Mehr Geld ändere nichts, sagt Wüllenweber, mehr gezielte Bildung könne helfen. Sozialarbeiter dürften kein „Verständnis“ simulieren, wenn die Kinder aus Unterschichten-Familien in Spielhallen ihr Geld ausgeben. „Armut macht nicht krank“, formuliert Wüllenweber, sondern „Disziplinmangel“. Mehr Familienhebammen und eine generelle Kindergarten-Pflicht würde viel für die Gesundheit der Kinder bringen.

Darin waren sich die Fachtag-Experten wieder einig. kawe