: Neues Ziel Brasilien
SNOWDEN US-Regierung lehnt Amnestie ab, Whistleblower sucht jetzt Asyl in Südamerika
BERLIN taz | Die US-Regierung denkt gar nicht daran, von der Strafverfolgung des NSA-Whistleblowers Edward Snowden abzusehen. Das geht aus einer Erklärung hervor, die das Weiße Haus am Montag veröffentlichte. Die Debatte war aufgekommen, nachdem der Chef der NSA-Task Force zum Umgang mit unautorisierten Veröffentlichungen, Richard Leggett, in einer Fernsehsendung gesagt hatte, die USA sollten überlegen, Snowden Amnestie anzubieten, wenn er im Gegenzug sicherstelle, keine weiteren Dokumente zu veröffentlichen. Insgesamt soll Snowden rund 1,7 Millionen Dokumente in seinen Besitz gebracht haben – erst ein Bruchteil davon ist in die Veröffentlichungen seit Juni eingegangen. Die öffentliche Überlegung Leggetts wurde als Hinweis gewertet, wie groß die Angst der NSA vor weiteren Enthüllungen ist.
Snowden selbst hat unterdessen Interesse an politischem Asyl in Brasilien bekundet. In einem „offenen Brief an das brasilianische Volk“, der am Dienstag in der Zeitung Folha de São Paulo veröffentlicht wurde, schrieb Snowden, er wolle Brasilien bei der Aufklärung der US-Abhöraktivitäten helfen, wenn er dauerhaftes Asyl in dem Land erhalte. Snowden beglückwünschte die Regierung von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff für ihre vehemente Kritik an den NSA-Aktivitäten. Wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel war Rousseffs persönliche Kommunikation von der NSA abgehört worden. Sie hatte daraufhin einen Staatsbesuch in den USA abgesagt.
Zusammen mit Deutschland hatte Brasilien darüber hinaus einen Antrag in die UN-Generalversammlung eingebracht, der solche Aktivitäten verurteilt und in einen menschenrechtlichen Kontext stellt. Parallel dazu strebt Deutschland mit den USA ein sogenanntes No-spy-Abkommen an – doch die Gespräche darüber sind laut New York Times vom Dienstag so gut wie gescheitert. Die USA weigerten sich beharrlich, mehr zuzusichern als die Nichtabhörung Angela Merkels, schreibt das Blatt – aus Angst, einen Präzedenzfall auch für andere Verbündete zu schaffen. Gerade im Zuge der laufenden Freihandelsverhandlungen unterstellen Beobachter der US-Regierung ein großes Interesse, über interne Debatten der EU-Verbündeten auf dem Laufenden zu sein. BERND PICKERT