piwik no script img

Archiv-Artikel

Rechtsklerikale Vetternwirtschaft

Skandal um Kandidatur für Co-Direktorin des Deutsch-Polnisches Jugendwerks

WARSCHAU taz ■ Polens Premier Kazimierz Marcinkiewicz tobte, als er vom jüngsten Skandal rund um die rechtsklerikale Familienliga (LPR) hörte. „Das muss aufhören!“, soll der nationalkonservative Regierungschef LPR-Parteichef Roman Giertych angebrüllt haben. „Vetternwirtschaft ist links, nicht rechts, ist das klar!?“

Tatsächlich hatte Giertych, seit kurzem Erziehungsminister, seinem Partei- und Ministerkollegen Rafał Wiechecki einen Gefallen tun und dessen Gattin zur Co-Direktorin des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes ernennen wollen. „Magdalena Wiechecka spricht gut Deutsch“, verteidigte Giertych seine Wahl vor Journalisten in Warschau. Andere Qualifikationen für den Managerposten mit zweistelligem Millionenbudget hielt der Minister nicht für notwendig.

Das deutsch-polnische Jugendwerk mit Sitz in Potsdam und Warschau besteht seit 1991, wird paritätisch finanziert und hat bisher rund 1,5 Millionen Jugendliche aus beiden Ländern zusammengebracht. Seit drei Jahren wird das „Erfolgsmodell der deutsch-polnischen Zusammenarbeit“, wie deutsche und polnische Staatsoberhäupter das Jugendwerk gern loben, von den Co-Direktoren Doris Lemmermeier und Piotr Womel geleitet. Ihre Verträge laufen noch bis März 2008. Auch Womels Vertrag ist ungekündigt. Noch.

„Seit die neue Regierung in Polen im Amt ist, hat sich die Zusammenarbeit sehr verschlechtert“, klagt Silvia Schott von der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugend/Soziales, die im Aufsichtsrat des Jugendwerkes sitzt. Normalerweise trifft sich das Gremium am Jahresanfang, um das Budget und die neuen Ziele des Jugendwerks zu besprechen. „Es ist eine wirklich traurige Entwicklung. Das Ratstreffen wurde von polnischer Seite immer wieder verschoben, angeblich wegen Terminschwierigkeiten. Und jetzt stellte uns das Erziehungsministerium völlig überraschend Magdalena Wiechecka als Kandidatin für den Posten des polnischen Co-Direktors des Jugendwerkes vor. Wir waren völlig perplex.“

Die 28-jährige Wiechecka hat weder Erfahrung im Management noch in der Jugendarbeit. Sie ist Assistentin in einer Warschauer Baufirma – und eben die Gattin Rafał Wiecheckis, des neuen Ministers für Seewirtschaft.

„Es war peinlich“, empört sich Silvia Schott. „Magdalena Wiechecka konnte nicht einmal die Ziele skizzieren, die sie sich als neue polnische Leiterin des Jugendwerkes setzen würde. Statt Qualifikation konnte sie nur eines bieten: Gesinnung.“ Als der Skandal um die Vetternwirtschaft in der Familienliga publik wurde, zog Wiechecka ihre Bewerbung zurück. Doch Giertych bleibt dabei. Er will ein Liga-Mitglied an der Spitze des Jugendwerkes sehen. GABRIELE LESSER