: Der Sicherheits-Tagelöhner
Für die Miete, sagt er, reicht es: 72 Stunden die Woche bewacht Thomas R. einen Parkplatz am WM-Stadion. Wie viel Geld dabei herausspringt, ist unklar
Thomas R. hat keine Schirmmütze dabei. Die Sonne brennt ihm auf den Kopf, 12 Stunden am Tag. So lang ist seine Schicht vor dem WM-Stadion: Von 7 Uhr morgens bis 19 Uhr abends ist der Wachmann am Ticketcenter eingesetzt. Parkplatz bewachen, die wartenden Fußballfans zu Schlangen anordnen, das ist sein Job. Wie viel er dafür verdienen wird, weiß der 40-Jährige noch nicht. Wenn er Glück hat, springen 8,19 Euro die Stunde heraus, wahrscheinlich aber ist er mit 6,10 Euro dabei. So wie die übrigen Wachmänner, die fünf Wochen lang rund ums Stadion Wache schieben.
Thomas R. ist einer der Qualifiziertesten hier, denn vor einem Jahr hat er eine Ausbildung zur „Werkschutzfachkraft“ abgeschlossen. Er hat den Lehrgang auch besucht, um hinterher den erhöhten Satz für geschulte Mitarbeiter zu bekommen, aber so selbstverständlich ist das für seinen Arbeitgeber nicht. Die Firma Power GmbH will ihm die 8,19 Euro brutto nur dann zahlen, wenn der jeweilige Auftraggeber ausdrücklich nach einer Werkschutzfachkraft verlangt. Und bei der WM? Achselzucken.
Thomas R. ist psychologisch geschult. Er hat Brandschutzmaßnahmen, Erste Hilfe und andere Sicherheitsvorkehrungen gelernt. Bedingung für eine Anstellung als Wachmann ist das nicht, nur rund 25 Prozent der Leute in seiner Firma, schätzt Thomas R., haben diesen Schein. Die übrigen sollten zumindest den „34 a“ haben, eine Grundschulung. Das ist die Theorie. Sein Kollege Hans K. lacht. Er sei schon zwei Jahre bei der Firma gewesen, „ehe ich diesen Schein hatte“, sagt er. „Die stellen jeden ein, wenn sie Leute brauchen.“
Zur WM ist der Bedarf an Security-Mitarbeitern erhöht. Die wiederum sind dringend auf die Schichten am Stadion angewiesen: Entlohnt werden sie stundenweise. Also muss Thomas seine „240 Stunden haben, damit ich meine Miete bezahlen kann“, erklärt er. Jetzt steht er sechs Tage à 12 Stunden am Stadion, Pause ist eine Viertelstunde am Vormittag und eine halbe mittags. Jenseits der WM ist er zu jedem Auftrag bereit. Mal hat er drei Wochen lang Nachtschicht, dann hält er sich ein ganzes Wochenende in Bereitschaft und bekommt keinen Einsatz ab. Bezahlt wird das nicht: „Ich bin ja nur Reserve.“
Dieses System geht nicht nur auf Kosten der Beschäftigten, die trotz ihres Jobs an der Armutsgrenze leben. Es geht auch auf Kosten der Sicherheit, die sie gewähren sollen. Nach mehreren 12 Stunden-Schichten in Folge setzt Erschöpfung ein, da lässt auch die Kondition irgendwann nach. Und Müdigkeit macht reizbar, auch das ist bekannt. Wachleute sorgen durch Übergriffe immer wieder für Schlagzeilen.
Einige kämpfen um bessere Arbeitsbedingungen. Bisher haben sie dafür eher draufzahlen müssen: Im Jahr 2005 hat die Power GmbH nach Gewerkschaftsangaben fünf Mitarbeiter entlassen, die einen Betriebsrat gründen wollten. Im Mai 2006 bekam ein Kollege die Kündigung, weil er an einem Gewerkschaftstreffen teilgenommen hatte. So will Thomas R. auch unerkannt bleiben. Zwar schimpft er über seinen Job – darauf angewiesen aber ist er allemal. ee