: Hey, Stadt, warte mal!
AUSBLICK Von den großen Bauprojekten wird nächstes Jahr keines fertig. Das kann Klaus Wowereit nur freuen – denn so muss er 2014 nicht schon wieder eine Eröffnung absagen
VON STEFAN ALBERTI
Die Staatsoper? 2017. Die U-Bahn-Linie 5? 2019. Der Neubau auf der Museumsinsel neben Pergamon- und Neuem Museum? 2017. Das Schloss? Bezugsfähig 2017, Eröffnung 2019. Der Flughafen BER? Zukunft ungewiss. Keine der Megabaustellen, keines der Großprojekte der Stadt wird in den 365 Tagen des neuen Jahres fertig werden. 2014 wird ein Jahr des Übergangs, des Interims, des Wartens.
Nutznießer ist Klaus Wowereit. Der Regierende Bürgermeister, vor einem Jahr fast über die BER-Panne gestolpert, muss 2014 keine erneute Peinlichkeit befürchten – wo es keinen Eröffnungstermin gibt, ist auch nichts abzusagen. Zudem lässt er selbst warten: auf seine Entscheidung, ob er bei der Berlin-Wahl 2016 noch mal antritt.
Beim brasilianischen Autor Paulo Coelho und seinem Bestseller „Auf dem Jakobsweg“ gibt es eine Szene, in der das Tagesziel der Wanderung schon in Sicht ist und doch vorerst unerreichbar bleibt. Denn Coelhos Protagonist muss sich in den Exerzitien der Langsamkeit üben, sich selbst kleine Schritte versagen, darf stattdessen nur Fußlänge für Fußlänge voran. Es ist ein passendes Bild für vieles in Berlin.
Der BER, damals noch Flughafen Berlin Brandenburg International mit dem Kürzel BBI statt BER, stand ja kurz vor der Eröffnung. Auch wer ihn heute sieht, denkt angesichts der schier kompletten Ausstattung nicht, dass bis zu einer Eröffnung noch Jahre vergehen könnten. Und eben auch vieles andere, was in unmittelbarer Reichweite schien, ist wieder in die Ferne gerückt und sorgt für weitere Warterei.
Das gilt etwa für die SPD-Oberen im Land, Parteichef Jan Stöß und Fraktionschef Raed Saleh. Zu Jahresbeginn 2013 war es alles andere als ausgeschlossen, dass kurzfristig einer von ihnen ins Rote Rathaus einzieht und dort Klaus Wowereit beim Regieren ablöst. Die Frage lautete nur: Wer macht’s? Nun müssen sich beide wieder in Geduld üben.
Denn der Regierende Bürgermeister, der sich nach der erneuten Verschiebung der BER-Eröffnung nur knapp im Amt halten konnte, macht nicht den Eindruck, mit inzwischen 60 Jahren in Rente gehen zu wollen. Wenn Wowereit nicht noch Pläne hätte, hätte er sich kaum Mitte Dezember wieder zum Vorsitzenden des Flughafen-Aufsichtsrats machen lassen. Der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto hat eine steile These in die Welt gesetzt: Wowereit hoffe auf eine Eröffnung im Frühjahr 2016, wenige Monate vor der nächsten Berlin-Wahl, um auf der Welle der Euphorie über das endlich abgeschlossene Projekt seine vierte Abgeordnetenhauswahl in Folge zu gewinnen.
Brandenburger müsste man sein in diesem Jahr 2014, denn da steht zumindest ein Termin fest: die Landtagswahl am 14. September. Wer allerdings auf eine gänzlich andere Regierung wartet, wird das auch in Potsdam und Umgebung über 2014 hinaus tun müssen.
Denn wenn bei den Sozialdemokraten bis zum Wahltag nicht noch einer goldene Löffel klaut, wird die SPD auch danach den Ministerpräsidenten stellen – an ihr führt in Brandenburg kein Weg vorbei. Abzuwarten bleibt nur eines: ob sie das weiter mit der Linkspartei oder wie früher mit der CDU macht.
Was sich 2014 doch noch tut in der Stadt, lesen Sie auf SEITE 44, 45