Selbstzweifel hat er nicht überspielt

In Michael Hanekes „Funny Games“ traten 1997 zwei junge Männer auf, die wie Laboranten der Gewalt erscheinen. Sie sind neutral gekleidet, haben keine Namen, nur Pseudonyme. Sie sind Leerstellen des kulturellen Diskurses: episches Theater kippt um in Körperverletzung. Frank Giering war einer dieser beiden jungen Männer. Er war „Peter“, es war die erste markante Rolle des 1971 in Magdeburg geborenen Schauspielers.

Bei Haneke zu debütieren, kann auch eine Hypothek sein, zumal mit einer Antirolle wie dieser. Aber Giering war danach sehr produktiv, und zwar auf eine in Deutschland unumgängliche Weise: Er trat häufig im Fernsehen auf, oft nur für eine Folge von „Rosa Roth“ oder „Siska“, zuletzt regelmäßig in der ZDF-Serie „Der Kriminalist“.

Zwischendurch verpflichteten ihn Kinoregisseure für unfehlbar markante Rollen, etwa die des Floyd in „Absolute Giganten“ von Sebastian Schipper. Am deutlichsten ist sicher seine Verkörperung des Andreas Baader in Christopher Roths „Baader“ in Erinnerung. Im Grunde war diese Besetzung schon die zentrale Idee dieses Films, der draufgängerische Terrorist (dem „Der Baader-Meinhof-Komplex“ noch postum auf den Leim gegangen ist) ist bei Giering introvertierter, die Selbstzweifel werden nicht so ostentativ überspielt. Zwei Jahre später spielte er in Romuald Karmakars „Die Nacht singt ihre Lieder“ den namenlosen „jungen Mann“, der sich mit einem Buch in der Hand in einer Wohnung verkriecht. In Interviews hat er gelegentlich über eine Lebensunfähigkeit gesprochen, die er („kein Führerschein, keine PC-Kenntnisse“) überspielen musste. Am Mittwoch ist Frank Giering im Alter von 38 Jahren gestorben. BERT REBHANDL