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Archiv-Artikel

Verkehrsminister Wittke will Leistung sehen

Der Wasserkopf der kommunalen Verkehrsunternehmen soll ausgedünnt werden: Der CDU-Landesverkehrsminister will so Kürzungen im Nahverkehr auffangen. Doch schon heute muss Oliver Wittke eingestehen, dass er machtlos ist

DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) will den öffentlichen Personennahverkehr entbürokratisieren. Der ÖPNV stehe vor einer „Struktur- und Finanzreform“, so der Minister gestern in Düsseldorf: „Ich will Leistung fördern, nicht Strukturen.“

Wittke reagiert damit auf massive Kürzungen der Bundeszuschüsse für Busse und Bahnen – und bestätigte ein Worst-Case-Szenario, dass die taz bereits am Dienstag beschrieben hatte: Bis 2010 wird der Bund beim nordrhein-westfälischen Nahverkehr mindestens 400 Millionen Euro kürzen. Denkbar sei aber auch ein Einsparpotenzial von bis zu 516 Millionen. „Schon in diesem Jahr werden wir 16 Millionen weniger haben, im nächsten Jahr 87, und so geht das bis 2010 weiter“, so Wittke. Damit könnte künftig jede fünfte Nahverkehrsverbindung gestrichen werden, warnen Fahrgast- und Umweltverbände seit Monaten.

Einen Ausgleich aus Mitteln des Landes, etwa durch Gelder aus der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung, lehnt Wittke aber ab. „Eine höhere Beteiligung des Landes wird es nicht geben.“ Stattdessen mahnte der Christdemokrat ein stärkeres Engagement von SPD-Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee an: „Es wäre schön, wenn sich der Bundesverkehrsminister auch einmal für den Nahverkehr stark machen würde.“

Verkehrspolitiker der Landtagsopposition werfen dagegen Wittke Versagen vor. Der sei ein „Ankündigungsminister“, so SPD-Fraktionsvize Axel Horstmann. Aus den „vielen großspurigen politischen Zusagen“ des Ministers sei „die Luft raus“ – Christdemokrat Wittke hatte sich nach anfänglichem Zögern für die Bahn stark gemacht und angekündigt, die Kürzungen bei Bus und Bahn gemeinsam mit den anderen Landesverkehrsministern verhindern zu wollen.

Wittke mache „die große Welle“, habe „sich politisch selbst versenkt“, sagt auch der grüne Verkehrsexperte Oliver Keymis. Das Ende der rot-grünen Schienenvorrangpolitik werfe das Land verkehrspolitisch um zehn Jahre zurück. Selbst Wittkes Forderungen nach einer Strukturreform des ÖPNV sei nichts als heiße Luft. „Wittke hat keinerlei Einfluss auf die kommunalen Verkehrsunternehmen“, sagt Keymis. „Ich kann und will nicht durchgreifen“, muss auch der Minister selbst einräumen – und setzt statt dessen auf „Diskussionen“. Dabei gelten gerade die mehrere Dutzende kommunale Verkehrsunternehmen, jeweils mit eigenem Vorstand und Aufsichtsrat ausgestattet, als überflüssiger Wasserkopf. Allein der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) bündelt die Aktivitäten von 27 Verkehrsunternehmen und vier Eisenbahnbetreibern.

Engagement zeigt Christdemokrat Wittke dagegen im Straßenbau. Allein auf den Autobahnen werden in diesem Jahr 834 Millionen Euro in Aus- und Neubauten gesteckt – so viel wie nie zuvor. Auch in den kommenden Jahren will Wittke das Straßennetz massiv ausbauen. Wurde 2004 in einem Fall Baurecht geschaffen, sollen es in diesem Jahr bereits 210 sein.

Gleichzeitig kündigte der Minister eine Neustrukturierung des Landesbetriebs Straßenbau an. Die Zahl der derzeit 19 Niederlassungen werde „drastisch“ reduziert. „Wir brauchen keine 19 Häuptlinge“, so Wittke. Bei den Straßenmeistereien werde aber kein Personal abgebaut. Der Grüne Keymis hält dagegen, schon heute fehlten die Mittel zur Reparatur der Straßen – um nur die bestehende Infrastruktur zu erhalten, müsse der Etatposten mehr als verdoppelt werden: „Landesverkehrsminister Wittke steht für weniger Schienen und mehr Schlaglöcher.“

ANDREAS WYPUTTA