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Archiv-Artikel

Balsam für Beck

RHEINLAND-PFALZ 98,4 Prozent: Neun Monate vor der Wahl steht die SPD hinter ihrem Landeschef

IDAR-OBERSTEIN taz | Nach einer kämpferischen Rede, in der er sich als Anwalt der arbeitenden Bevölkerung, der Erwerbslosen und der Behinderten im Lande geriert hatte, fuhr der vor zwei Jahren von seinen „Parteifreunden“ in Berlin geschasste ehemalige Bundesvorsitzende der SPD, der Südpfälzer Kurt Beck, daheim erneut ein Traumergebnis ein: 381 von 387 Delegierten auf dem Landesparteitag der rheinland-pfälzischen Sozialdemokraten in Idar-Oberstein wählten den amtierenden Ministerpräsidenten am Samstag wieder zum Parteichef. Mit einem Stimmenanteil von 98,4 Prozent lag Beck nur 0,6 Prozentpunkte unter seinem Superergebnis von 2008. Damals waren die glatten 99 Prozent „Balsam“ (Beck) für die schwer verwundete Seele des Sozialdemokaten gewesen.

Heute ist das Wahlergebnis trotz aller Querelen etwa um die gescheiterte Privatfinanzierung der gigantischen Freizeitanlage Nürburgring als Beleg für die Geschlossenheit der SPD in Rheinland-Pfalz zu werten, neun Monate vor der Landtagswahl. Der 61 Jahre alte Beck präsentierte sich den Delegierten hemdsärmelig und leicht abgespeckt „mit frisch geschnitten Haaren“ (Beck). Dass er nach dem Friseurbesuch mit drei zufällig am Salon vorbeiziehenden Straßenfegern schnell noch die geopolitische Lage erörtert habe, erzählt er dann fast beiläufig. Typisch Beck. Doch dann redet er Klartext: Der SPD, die erst langsam wieder begreife, dass man „den Menschen zuhören“ müsse, dürfe es nie wieder passieren, „dass wir an den Kernempfindungen der Menschen vorbeiregieren, dass wir keine Rücksichten auf ihre tiefen Empfindungen nehmen“. Die alte Wunde schmerzt also noch, trotz „Balsam“.

Dann zieht er hart gegen die Kanzlerin und die gesamte zerstrittene neoliberale Bundesregierung mit ihrer „unmenschlichen Politik“ vom Leder. Diese „Nichtskönner“ würden das Land „kaputtmachen“ und dabei selbst vor der Zerstörung der deutsch-französischen Freundschaft nicht zurückschrecken. Genau das – Schwarz-Gelb also –, brauche man nicht auch noch in Rheinland-Pfalz, sagt Beck dann mit Blick auf die Landtagswahl, die er mit den Themen Bildung und Arbeit wieder gewinnen will. Stehende Ovation für Beck danach. Und auch die letzten Umfragewerte sorgten auf dem Parteitag für gute Laune: SPD 41 Prozent, CDU 33. K.-P. KLINGELSCHMITT