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Archiv-Artikel

Hyperauthentische Antwort

RAP-SATIRE Wie ernst ist das gemeint? Das südafrikanische Trio „Die Antwoord“ rappt auf Afrikaans und Englisch vom harten Alltag in südafrikanischen Vororten

Drogenhymnen, Cthulhu-Anbetungen und hyperauthetische Vorortromantik

VON ROBERT MATTHIES

Kurz und bündig war die Ankündigung, mit der Watkin Tudor Jones in der Haut seiner Kunstfigur Max Normal vor knapp zwei Jahren sein nächstes Rap-Projekt ankündigte: „Die Antwoord wird der Welt präsentiert als eine wilde und unzivilisierte Rap-Crew aus den tiefen, düsteren Tiefen Afrikas.“ Bei den Filmfestspielen in Cannes werde die Band auftreten, kurz bevor der Feature-Film über die Band über die Leinwand flimmert.

Bis in die Glitzerwelt Cannes’ hat es die Kapstadter Konzept-Crew um den permanent die Bühnen- und Alltagsidentität wechselnden Rapper noch nicht geschafft. Dafür steht das südafrikanische Trio auch ohne Platte schon ein halbes Jahr nach der vollmundigen Ankündigung ganz oben in den Google-Trends, weit vor etablierten Acts wie „Animal Collective“ oder „Wilco“.

Im Frühjahr letzten Jahres hatte Jones, der nun, ganz im Gegensatz zu seinen bisherigen Inkarnationen, mit albern-pubertären Bildchen und Poesiealbumsprüchen tätowiert den gewalttätigen südafrikanischen White-Trash-„Rap-Rave-Master“ Ninja mimt, den Track „Enter the Ninja“ und die Quasi-Doku „Zef Side“ beim Videoportal YouTube hochgeladen. Kurz darauf twitterten bereits MySpace-Phänomen Kate Perry und „Limp Bizkit“-Sänger Fred Durst ihre Huldigung und machten die notorischen Next-Big-Thing-Blogger auf die Identitäts- und Authentizitätssatiriker aufmerksam.

Das Trio richtig einzuschätzen, fällt dabei gar nicht so leicht. Richtig sicher kann man sich nie sein, wie ernst Ninja und seine MitstreiterInnen, die blonde Sängerin und Mutter der gemeinsamen vierjährigen Tochter, „Fresh, futuristic rich bitch Yo-Landi Vi$$er“, und der übergewichtige „Beat Master DJ“ Hi-Tek, die ganze bildgewaltige Sache überhaupt meinen.

Ihren gleichermaßen satirischen wie sozialkritischen, absurd-albernen und zugleich hochtalentierten Stil – eine Mischung aus Rap, Drum & Bass, Elektro, Handy-Klingelton-Ästhetik und Eurodance à la „2 Unlimited“ – nennt die in einem Kauderwelsch aus Afrikaans, English und Slang über das harte Leben in den südafrikanischen Vororten hochgeschwindigkeitsrappende Combo „Zef Style“ – „Zef“ ist südafrikanischer Slang und bedeutet etwa so viel wie „Hinterwäldler“.

Auf die eigene weiße Hautfarbe will sich das Post-Apartheid-Trio mit dem postmodernen Ali-G.-Faktor dabei nicht festlegen lassen. Sondern verkündet, dass es sich bei der „Antwoord“ um einen liebenswerten Bastard handelt, das Kind der Liebe zwischen vielen Kulturen: schwarz, weiß, farbig, außerirdisch, allesamt auf eine wilde Reise auf dem Pfad der Aufklärung geschickt.

Demnächst steht das Debütalbum „$O$“ in den Regalen, auf der Internetseite www.antwoord.com kann man das wilde Werk voller machoprolliger Kopulationsfantasien, überdrehter Drogenhymnen, Cthulhu-Anbetungen und hyperauthetischer Vorortromantik schon mal begutachten. Oder am Montag die entsprechende Live-Darbietung im Indra über sich ergehen lassen. Und nächste Woche im Zef-Style durch Langenhorn laufen.

■ Mo, 5. 7., 21 Uhr, Indra, Große Freiheit 64