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Archiv-Artikel

Die Knarre vom Shop um die Ecke

USA Waffenläden waren bislang in Chicagos Stadtgebiet verboten. Nun hat ein Richter geurteilt, das entsprechende Gesetz verstoße gegen die Verfassung

BERLIN taz | Es war kein schlechtes Jahr für Chicago. Im vergangenen Jahr wurden 415 Menschen in der Stadt im US-Bundesstaat Illinois umgebracht. 2012 waren es noch 506 Morde – und fast alle wurden mit einer Waffe begangen. Keine andere US-Großstadt hat im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr Morde pro Jahr als die 2,7-Millionen-Metropole. Da ist der leichte Rückgang der Gewalt der Chicagoer Polizei schon eine Erfolgsmeldung wert.

Doch das Urteil eines Bundesbezirksgerichts vom Montag könnte diese Statistik bald zum Schlechteren verändern. Richter Edmond Chang urteilte, das Verbot von Waffengeschäften innerhalb der Stadtgrenzen verstoße gegen den Zweiten Zusatz der US-Verfassung.

Bis dato kann zwar jeder Bürger der Stadt eine Waffenlizenz erwerben, aber in Chicago darf kein Waffenladen eröffnen – ein Versuch der Stadt, die Waffengewalt zu reduzieren. Allerdings galt dieses Gesetz nur für die Stadt Chicago, nicht für andere Bezirke in Illinois.

Richter Chang begründete sein Urteil damit, die Stadt sei verpflichtet, die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger zu schützen. Dazu gehöre das Recht auf eine Waffe. Das ist aus Sicht des Richters höher zu bewerten als die Pflicht einer Stadt, ihre Bürger zu schützen. Die Stadt Chicago habe nicht überzeugend dargelegt, warum ein Verbot von Geschäften die Waffengewalt reduzieren würde.

Allerdings gab Richter Chang der Stadt Zeit, um Berufung einzulegen. Er legte daher fest, dass das Urteil zunächst nicht umgesetzt werden darf. Waffengeschäfte in den Einkaufsstraßen der Innenstadt wird es also vorerst nicht geben.

Der Verband der Waffenhändler in Illinois sowie drei Einwohner hatten gegen das Gesetz geklagt. Einer von ihnen, Kenneth Pacholski, sagte der Nachrichtenagentur ap, das Gesetz sei unangemessen gewesen. Waffenlobbyisten verweisen auf die hohe Anzahl illegaler Waffen – die seien das eigentliche Problem. Und außerhalb Chicagos ist es leicht, Waffen zu kaufen, da jeder Bezirk in Illinois eigene Bestimmungen erlassen kann und etwa auch der Nachbarstaat Indiana sehr viel laxere Gesetze hat.

Bürgermeister Rahm Emanuel hat bereits auf das Urteil reagiert. Ein Sprecher der Rechtsabteilung sagte, Emanuel widerspreche der Ansicht des Richters. Die Stadt werde alle möglichen rechtlichen Schritte prüfen. „Wir brauchen stärkere Sicherheitsgesetze im Umgang mit Waffen, nicht einen besseren Zugang zu Waffen innerhalb der Stadtgrenzen“, so Roderick Drew.

RIEKE HAVERTZ