: Schwarz-Gelb im Sinkflug
UMFRAGE 62 Prozent der Bürger glauben an ein baldiges Ende der Regierung – Schavan: „Wir sind in einer Bewährungsprobe“
NIEDERSACHSENS MINISTERPRÄSIDENT DAVID MCALLISTER FORDERTE VON DER KOALITION MEHR DISZIPLIN
BERLIN apn | Nach der Zitterpartie bei der Wahl von Christian Wulff zum Bundespräsidenten haben CDU-Politiker die schwarz-gelbe Koalition zu Geschlossenheit aufgerufen. „Wir sind in einer Bewährungsprobe“, sagte Bildungsministerin Annette Schavan dem Südwestrundfunk (SWR) am Freitag. Laut einer Umfrage im Auftrag der ARD-„Tagesthemen“ sind 62 Prozent der Bürger der Meinung, dass das Bündnis aus Union und FDP nicht mehr lange halten wird.
Zwei Drittel der Bundesbürger (68 Prozent) denken, es sei eine Blamage für Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Wulff in den ersten beiden Wahlgängen so viele Stimmen aus dem eigenen Lager nicht bekommen habe. Dass die Kanzlerin die Koalition nicht mehr richtig im Griff habe, meinen drei Viertel (77 Prozent). Nur 31 Prozent sind der Ansicht, dass jetzt, nachdem der Bundespräsident gewählt worden ist, der Regierung ein Neustart gelingen werde.
FDP bei 5 Prozent
Bei der Sonntagsfrage kommt die Union auf 33 Prozent (plus 1 Punkt). Die SPD legt ebenfalls einen Punkt zu und erreicht 30 Prozent. FDP und Grüne liegen unverändert bei 5 beziehungsweise 17 Prozent. Damit erreicht Rot-Grün mit 47 Prozent den besten Wert im ARD-Deutschlandtrend seit Oktober 2002. „Solche Zahlen sind Anlass, wirklich über die Regierungsarbeit auch nachzudenken“, erklärte Schavan. Die einzelnen Mitglieder der Regierung müssten besser als bisher zusammenarbeiten. Dann änderten sich auch wieder die Umfragewerte.
Der neue Ministerpräsident von Niedersachsen, David McAllister, forderte mehr Disziplin von der Koalition. „Einfach mal die Klappe halten, sagt man in Niedersachsen“, erklärte er im Bayerischen Rundfunk. Gegen eine Führungsdebatte sprachen sich die CDU-Politiker Stefan Mappus und Wolfgang Bosbach aus. Der baden-württembergische Ministerpräsident Mappus sagte der Bild-Zeitung: „Wenn einer die CDU vollends in die Krise stürzen will, muss er jetzt eine Führungsdebatte um Bundeskanzlerin Merkel führen. Aber Schwarz-Gelb darf so nicht weitermachen. Wir brauchen mehr Mannschaftsgeist.“
Bosbach, der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, erklärte, die CDU täte sich keinen Gefallen, wenn sie jetzt eine Debatte über Merkel begänne. Womöglich hätten die Wahlleute der Union aus Unzufriedenheit mit der Koalition Wulff die Stimme verweigert, sagte er der Bild: „Also müssen wir dafür sorgen, dass wir künftig besser arbeiten als in den ersten Monaten.“ Dem schloss sich Innenminister Thomas de Maizière an. Die Koalition werde vier Jahre halten, sagte er im SWR.
Kritik von Gewerkschaft
Scharfe Kritik am Regierungsstil von Merkel äußerte Ver.di-Chef Frank Bsirske. „Frau Merkel und diese Regierung stellen den Zusammenhalt dieser Regierung über den Zusammenhalt der Gesellschaft“, sagte Bsirske am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Die Koalition mache mit einem Sparpaket, das „in seiner Einseitigkeit nicht zu überbieten“ sei, „nackte Klientelpolitik für die Reichen und Vermögenden“.