: Punken und posen
Dies ist Kreuzberg und nicht Bullerbü: Der Film „Trouble“ von Penelope Buitenhuis ist ein Schwarzweiß-Blick auf eher unklare Verhältnisse im Berlin kurz nach Mauerfall
Es ist komisch, sich Filme von früher anzusehen, die in einer Gegend – Kreuzberg – und einem Umfeld spielen, das man selbst ein bisschen kannte. Man beginnt dann zu rechnen. Penelope Buitenhuis’ Film „Trouble“ kam 1992 heraus, vor vierzehn Jahren also. Vierzehn Jahre vor 1992 wurde die taz gegründet. 14 Jahre davor hatten die Beatles „Rubber Soul“ aufgenommen. 1991 war von 1968 genauso weit entfernt wie 1968 von 1945. Während man die ersten Ausgaben der taz heute schon nicht mehr ohne einen umfangreichen Erläuterungsanhang verstehen kann, geht das bei „Trouble“ gerade noch.
Die kanadische Filmemacherin hatte Ende der Achtziger-, Anfang der Neunzigerjahre in Kreuzberg gelebt, in einem linksalternativen und Rock-’n’-Roll-orientierten Umfeld, in dem auch der Film spielt. „Trouble“ wurde vom Kleinen Fernsehspiel des ZDF produziert und ist in Schwarzweiß gedreht. So passen die inszenierten Szenen besser zu den in dem Film ebenfalls verwendeten dokumentarischen Schwarzweiß-Videoaufnahmen diverser Demos und Kreuzberger Straßenschlachten.
Im Verzicht auf Farbe wirkt in „Trouble“ alles echter. Das Schwarzweiß der aufseiten der Demonstranten gemachten original Straßenkampf-Aufnahmen (1. Mai etc.) ist allerdings eine Wahrhaftigkeitspose. Suggeriert wird quasi Authentisches von unten, wobei doch das farbige Material nachträglich zu schwarzweißen Bildern umgearbeitet werden musste. Im Film werden damit die Straßenkampfdemos und Häuserkämpfe von damals in eine Kontinuität anerkannter politischer Kämpfe gestellt, mit den als groß, wirklich, vorbildhaft empfundenen Bildern noch älterer Kämpfe – also Mai 68 oder gleich die Oktoberrevolution. Umgekehrt sehen die Körper in den gespielten Liebesszenen – „Trouble“ handelt unter anderem vom dynamischen Duo Revolution und Liebe – in Schwarzweiß irgendwie aber auch schöner und verletzlicher aus. Und andererseits wirkt das alles heute ohnehin historisch.
Schon als „Trouble“ herauskam, schien der Film in einer weit zurückliegenden Zeit angesiedelt zu sein, obgleich der Mauerfall dauernd vorkommt. Die Gespräche in den Film-WGs klingen wie frühe, an 68 orientierte Dialoge aus den ebenso fernen Achtzigern. Es ist auch recht seltsam, dass die Helden gegen ein sich verfestigendes Establishment kämpfen, wo das Tolle zu Beginn der Neunziger doch war, dass staatliche Ordnungen zusammenbrachen und infolge unklarer Besitzverhältnisse anarchische Freiräume in Ostberlin entstanden. In der falschen Dokumentation des Falschen liegt aber auch dokumentarische Wahrheit: Schließlich war ja das alt gewordene Kreuzberg entmachtet worden.
Während Henrik Peschel in seinen etwa zur gleichen Zeit entstandenen „Rollo Aller“-Filmen in billigen Farben einen lustig-ironischen Blick auf vergangene Utopien wirft und dabei die sicher wirkungsmächtigeren, wenngleich unschickeren Sehnsüchte aus Udo Lindenbergs „Nordsee ist Mordsee“ zur Folie nimmt, spielt „Trouble“ mit den Versatzstücken einer ernsthaft betriebenen, linksradikalen Geschichte.
Der Film handelt also von Jonnie (Yvonne Ducksworth, die damals bei der berühmten Band Jingo de Lunch gesungen hat). Jonnie kommt aus Kanada und lebt mit netten bohemistischen Menschen in dem besetzten „Rock-Haus“. Revolutionäre sind auch dabei, Spekulanten sind dagegen, die Bewusstseinsindustrie ist auf der Seite der Bösen, und so ergeben sich Konflikte. Interessant und historisch korrekt, dass auf der Seite des besseren Lebens eigentlich ununterbrochen geraucht wurde, wohl weil die inneren Konflikte so groß waren. Die bezaubernde Françoise Cactus spielt übrigens auch mit. DETLEF KUHLBRODT
„Trouble“. Regie: Penelope Buitenhuis. Mit Yvonne Ducksworth, Erdal Yildiz, Françoise Cactus u. a., 87 Min.