: Azubirestaurant feiert Absolventen
Seit Februar 2005 bildet ein Ottenser Restaurant junge Leute zu „Fachkräften im Gastgewerbe“ aus – mit einem einzigartigen Konzept
Jetzt haben sie es geschafft. Nach eineinhalb Jahren im Ausbildungsrestaurant „Zum kleinen Zinken“ halten die 15 Azubis ihre Abschlusszeugnisse in den Händen. Bei der feierlichen Übergabe im Restaurant floss da schon die eine oder andere Rührungsträne.
Hinter dem Pionier-Projekt, das auch ein externes Praktikum vorsieht, steht der Koala e.V. Er wendet sich damit speziell an junge Leute, die sonst geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten – sei es wegen eines schlechten Schulabschlusses, eines Bruchs in der Biographie oder Integrationsproblemen. Ihren Weg zur „Fachkraft im Gastgewerbe“ begleitet im täglichen Betrieb der Zinken-Koch, die Serviceleitung sowie die Restaurantleitung. Das übrige Team besteht komplett aus den Azubis. Die tragen damit große Verantwortung. Denn: In einem normalen Betrieb arbeiten gewöhnlich nur ein bis zwei Auszubildende. Hilfestellung für den Arbeitsalltag bieten zusätzliche Kurse in Mathematik und Deutsch. Außerdem steht ihnen eine Sozialpädagogin zur Seite.
Das scheint zu funktionieren. So freut sich Gastro-Leiterin Renate Weinberger besonders, dass alle Azubis ihre Prüfung bestanden haben. Ein „wunderbares Ergebnis“ sei das. Alle seien aber auch „von Anfang an hoch motiviert“ gewesen und hätten sich „schnell eingearbeitet“, ergänzt Ausbildungs- und Restaurantleiterin Susanne Knoblach. Zwischendurch habe es zwar eine „kleine Null-Bock-Phase“ gegeben, das Team habe sich dann aber wieder gut zusammengerauft. Drei Abbrecher gab es in den eineinhalb Jahren dennoch. Für die freigewordenen Plätze fanden sich aber schnell Nachfolger.
Das Projekt findet nicht nur bei den Azubis großen Anklang: Es belegte den dritten Platz des Deichmann-Förderpreises gegen Jugendarbeitslosigkeit – 5.000 Euro flossen dadurch in das Ausbildungsrestaurant. Davon profitieren auch die Gäste des Hauses. In angenehmer Restaurant-Atmosphäre können sie aus verschiedenen Mittagstischen wählen. Am Abend gibt es Fisch, Fleisch, Pasta, Salat und eine üppige Vorspeisenauswahl.
Das Team ist inzwischen fest zusammengewachsen. „Wir sind eine richtige Familie geworden“, sagt Absolventin Syreeta Staub. Sie zieht eine positive Bilanz. Jetzt wisse sie „wie man mit den Gästen umgeht“. Vor allem habe sie gelernt „Geduld zu haben“. Momentan hofft sie auf eine Weiterbildung zur Restaurantfachfrau – die Bewerbungen sind schon unterwegs. Ihr großer Traum: ein eigenes Restaurant mit ihrer Zwillingsschwester Maeretha.
Die Zukunft des „Kleinen Zinken“ ist indes noch nicht hundertprozentig gesichert. Das Projekt, das von der Arbeitsagentur, dem Europäischen Sozialfonds und der Behörde für Wirtschaft und Arbeit gefördert wird, wartet noch auf die entsprechende Behördenentscheidung. Wenn alles klappt, kann der „Zinken“ wieder eine eineinhalbjährige Ausbildung anbieten – mit zehnmonatigem Vorbereitungskurs für junge Leute ohne Vorkenntnisse. Thorsten Steer
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