Bethanien bietet für alle etwas

Künstler und Aktivisten diskutieren öffentlich, wie sie das Kunsthaus zum „Zentrum von unten“ machen wollen. Zum Ärger der Bezirksbürgermeisterin. Die würde am liebsten nur intern verhandeln

von CHRISTOPH VILLINGER

Öffentlich Diskutieren oder nicht? So lautete die zentrale Frage für die Initiative Zukunft Bethanien (IZB), und sie entschied sich eindeutig. Der Zusammenschluss von Bürgern, Künstlern und Bethanien-Besetzern lud ein und etwa 70 ZuhörerInnen kamen, um das „Neue Konzept für das Bethanien“ erklärt zu bekommen. Darin setzt sich die IZB für einen „Weg zu einem kulturellen, künstlerischen, politischen und sozialen Zentrum von unten“ ein. Diskussion mit allen, basisdemokratischer Entwurf, kurz: Öffentlicher geht’s nicht.

Im Bezirksamt stieß die Diskussionsfreude auf Kritik. Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS) hatte sich zuvor von der Präsentation von Konzepten fürs Bethanien distanziert. Dies sei zu früh, so ihr Argument. Deshalb kamen nur wenige Behördenvertreter ins Alevitische Kulturzentrum in Kreuzberg, darunter Baustadtrat Franz Schulz (Grüne). Nur wenige Stunden zuvor hatte die Arbeitsgruppe des Bezirksamts getagt. Ursprünglich sollte die IZB ihr Konzept auch dort vorstellen.

Nachdem die IZB mit rot-gelben Power-Point-Folien das Publikum recht professionell durch Vorgeschichte und Rahmenbedingungen des Konflikts geführt hatte, näherte man sich den eigentlichen Problemstellungen an. Der Volkswirt Daniel Zöllinger rechnete vor, wie man das Bethanien sehr wohl mit Quadratmeter-Mieten unter fünf Euro betreiben könne. Bei einer Privatisierung drohen Mieten um die zehn Euro.

„Geselligkeit, Kunst und Diskussion“ möchte Wolfgang Lenk von der IZB in dem riesigen Gebäude zusammenführen. Neben den bestehenden Projekten im Haus soll zusätzlich Platz sein für „alle Milieus, die sich dort treffen wollen“, von der „DruzBar“ des Wohnprojekts New Yorck über einen Jazzkeller, dem Büro der „Reporter ohne Grenzen“ bis hin zu Seniorentheatern.

Den Unterschied zwischen einem teilweise bewohnten Haus und einem reinen Kulturgebäude betonte eine Vertreterin des Wohnprojekts New Yorck im besetzten Südflügel. Sie verwies vor allem auf die vielen informellen Arbeiten, die die BesetzerInnen „so nebenbei“ miterledigen – wie HausmeisterInnen. In welcher genauen Rechtsform das Bethanien in Zukunft betrieben werden soll, will die IZB gemeinsam mit den NutzerInnen entwickeln, wie Simone Kypke betonte, „und nicht wie die Politik von oben aufstülpen“.

Die Bezirkspolitiker rechnen inzwischen mit einem Bürgerentscheid über die Zukunft des Bethanien. Nach Prüfung von über der Hälfte der von der IZB abgegebenen 14.000 Stimmen zum Bürgerbegehren gehen alle davon aus, dass die nötigen 5.000 gültigen Unterschriften zusammengekommen sind. Es sei denn, die Bezirksverordnetenversammlung findet bis zum 30. August einen Kompromiss. Bezirksbürgermeisterin Reinauer will nun ausloten, „wo die Schnittmengen zwischen den Vorstellungen des Bezirksamts und denen der IZB sind“.