: Banken im Prüfungsstress
KRISE Europas Banken sollen nun zeigen, wie solide sie wirklich sind. Auch in Deutschland wurden die Fragebögen an die größten Kreditinstitute verschickt. Experten sind skeptisch
VON HERMANNUS PFEIFFER
Die Fragebögen sind verschickt, die Antworten werden nächste Woche zurückkommen. Rund 100 europäische Banken sollen klarstellen, ob sie für eine weitere Krise gewappnet sind. Auch deutsche Banken müssen sich dem Test unterziehen.
Vor rund zwei Jahren lösten die US-Immobilienpleite und der Zusammenbruch des Investmentbank Lehman Brothers eine internationale Bankenkrise aus. Das soll sich nicht wiederholen, deshalb werden die Banken nun befragt. Reichen Eigenkapital und liquide Mittel aus, ist die hausinterne Kontrolle fit genug und gibt es einen Plan B? Auf diese und andere Fragen sollen „systemrelevante“ Institute beruhigende Antworten finden.
Sinnhaftigkeit fraglich
Auftraggeber des Stresstests ist der EU-Ausschuss für Bankenaufsicht (Committee of European Banking Supervisors – CEBS). In ihm sitzen Vertreter der nationalen Aufsichtsbehörden und Notenbanken. „Die kennen jedoch die Lage aus den Meldungen zur Bankenstatistik, aus Risikomeldungen und Zweimonatsbilanzen“, rätselt Ökonom Wilhelm Hankel über den Sinn der Prüfung.
Die Namen der Prüflinge sind dagegen unbekannt. In Deutschland sollen dem Vernehmen nach Deutsche Bank und ihre angehende Tochtergesellschaft Postbank, Commerzbank, die staatliche KfW, das Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken DZ Bank, die mit 100 Millionen Euro vom Staat gestützte Hypo Real Estate und die Landesbanken dabei sein.
Die Banken mussten der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse zustimmen, freiwillig. Faktisch waren sie dazu gezwungen. Hätten sie sich verweigert, nährten sie den Verdacht, Risiken zu verbergen. Doch auch ein schlechtes Testergebnis könnte Kunden kosten oder eine erneute Vertrauenskrise auslösen. Ob tatsächlich alle Ergebnisse offiziell veröffentlicht werden, ist daher fraglich.
Nachdem die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich kürzlich lautstark vor einer neuen Krise gewarnt hatte, könnte der Stresstest als Beruhigungspille wirken. Doch „soweit die Banken die Tests bestehen, sind sie mehr als Beruhigungspillen“, sagt Friedrich Thießen, Finanzwissenschaftler an der Technischen Universität Chemnitz . „Sie zeigen dann, dass alles in Ordnung ist.“ Wie Hankel warnt er jedoch vor einer Überbewertung. Schon aus „rein methodischen Gründen“ gebe es schwarze Löcher, niemand könne schließlich alle Abhängigkeiten und Verbindungen von Großbanken mit Billionenbilanzen testen.
Die Ergebnisse der Belastungstests sollen am 23. Juli bekannt gegeben werden. Doch bereits vor Beginn der Überprüfungen mehren sich die Zeichen, dass zumindest Vertrauen in die Bankszene zurückgekehrt ist. 442 Milliarden Euro zahlten Finanzinstitute im Juli anstandslos an die Europäische Zentralbank zurück, die schwedische Notenbank erhöhte als erste nach der Krise ihren Leitzins, und mit Aareal zahlt erstmals eine deutsche Bank Staatshilfen zurück.