: Flüchtlingscamp am Oranienplatz darf bleiben
ROT-SCHWARZ Beim Koalitionsgipfel setzt sich die SPD durch: Keine Räumung, stattdessen zeitlich unbefristete Verhandlungen mit den Flüchtlingen
Vielleicht hätte es Frank Henkel bei seiner Niederlage vom vergangenen Dienstag belassen sollen. Da konnte der Innensenator und CDU-Landeschef sich nicht mit seinem Antrag durchsetzen, das weitere Vorgehen am Oranienplatz an sich zu ziehen und die rund 20 Zelte nach einer Frist von zehn Tagen räumen zu lassen. Doch Henkel bestand auf einer Krisensitzung von Rot-Schwarz im Koalitionsausschuss – und kassierte dort am Wochenende die zweite Schlappe: Den von der CDU geforderten Zeitplan für eine Räumung gibt es nicht.
Stattdessen soll nun Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) weiter ohne zeitliche Begrenzung über eine friedliche Lösung verhandeln, und das auch mit offiziellem Mandat der CDU. Bislang hatten die Christdemokraten zu den am Mittwoch angelaufenen Gesprächen Kolats stets gesagt, sie sei allein unterwegs.
Zu dem rund zweieinhalbstündigen Krisentreffen waren am Samstag in der SPD-Landeszentrale im Wedding die führenden Köpfe der beiden Koalitionspartner zusammengekommen: für die SPD der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, Landesparteichef Jan Stöß und Fraktionschef Raed Saleh. Für die CDU neben Henkel Fraktionschef Florian Graf und Sozialsenator Mario Caja.
Stöß unterstrich zwar nach Ende des Treffens, was Mitte der Woche schon von Wowereit zu hören war: „Wir haben festgestellt, dass der Zustand mit den Schlafzelten am Oranienplatz kein dauerhaft haltbarer Zustand ist.“ Dennoch vermochte die CDU den Sozialdemokraten keinen Entscheidungstermin abzuringen.
Henkel stellte die nun angelaufenen Gespräche Kolats als „eine weitere Schleife“ dar: „Ich bin sicher, das wird nicht ewig dauern“, sagte der Innensenator und klang fast trotzig, als er darauf beharrte, dass eine Räumung nicht ausgeschlossen sei. Das hatte im Grunde auch schon Wowereit am Dienstag gesagt und zudem die Frage aufgeworfen, ob es Politik der Stadt sein könne, „dass jeder da ein Camp aufmacht, wo es ihm passt“.
Der Regierende hatte zudem zu den Dialogversuchen Kolats gesagt, man wolle „mit den Vernünftigen“ reden, ohne dazu genauer zu werden. Parteichef Stöß sagte am Samstag, die Gespräche sollten mit den Flüchtlingen selbst geführt werden – „und nicht so sehr mit denen, die teilweise das Schicksal der Flüchtlinge instrumentalisieren“. Kolat soll bei den wöchentlichen Senatssitzungen „fortlaufend“ berichten.
Die Grünen machten Henkel als klaren Verlierer des Treffens aus. „Der jetzt beschlossene Weg ist eine deutliche Niederlage für den Innensenator“, sagte ihre Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Ramona Pop. Eine Lösung ohne Gewalt zu suchen, wie nun festgelegt, sei richtig.
Eine Krise des rot-schwarzen Bündnisses mochte Wowereit nach Ende des Koalitionstreffens nicht sehen: „Wir arbeiten gut zusammen, und das bleibt auch so, da gibt es gar kein Vertun.“ Offenbar ist die Zusammenarbeit aber nicht so gut, als dass nicht ebenfalls vereinbarte Verbesserungen nötig sind. Die beschrieb Stöß folgendermaßen: „Wir haben uns vorgenommen, in Zukunft intensiver miteinander zu kommunizieren.“ STEFAN ALBERTI