Vanille ordentlich hergestellt

SCHOKOLADE Ritter Sport siegt vor Gericht gegen die Stiftung Warentest. Es ging um die Herkunft des Aromas

Die Tester hätten nicht ausreichend klargemacht, wie sie zu dem Urteil kamen

VON SVENJA BERGT

BERLIN taz | Im Streit mit dem Schokoladenhersteller Ritter Sport hat die Stiftung Warentest eine Niederlage erlitten. Das Landgericht München entschied am Montag, dass eine einstweilige Verfügung des Unternehmens weiterhin Bestand hat. Die Stiftung Warentest darf demnach nicht verbreiten, dass die Ritter-Sport-Sorte „Voll-Nuss“ ein chemisches Vanillearoma enthält und die Kennzeichnung auf der Verpackung irreführend sei.

Die Stiftung Warentest hatte die Sorte bei einem Test von 26 Nussschokoladen in der Dezember-Ausgabe iher Zeitschrift test mit „mangelhaft“ bewertet. Der Grund: In den Inhaltsstoffen des Produkts gibt der Hersteller „natürliches Aroma“ an. Damit muss das Aroma zwar nicht aus der Vanilleschote stammen, aber aus natürlichen Quellen. Das können beispielsweise Dill und Pfeffer sein, aber auch Lignin, das in Zellwänden vorkommt, also in Hölzern.

Im Labor oder in der Natur

Die Tester hatten jedoch argumentiert, die verwendete Substanz könne in den benötigten Mengen und zu akzeptablem Preis nur mittels chemischer Verfahren gewonnen werden. Ritter Sport ging vor Gericht.

Den Richtern zufolge haben die Tester nicht ausreichend klargemacht, wie sie zu dem Urteil über die Schokolade kamen. Die Berichterstattung nehme „eine Unschärfe in Kauf, die nicht erforderlich sei, um das Ziel der Verbraucheraufklärung zu erreichen“. Zudem seien Verbraucher nicht gefährdet – schließlich gilt das Aroma, egal ob aus Pflanzen oder im Labor gewonnen, nicht als gesundheitsschädlich.

In dem Verfahren treffen zwei Akteure aufeinander, die beide auf ein verbraucherverbundenes Image Wert legen: auf der einen Seite die Stiftung Warentest, der ein Großteil der Verbraucher ihr Vertrauen aussprechen, wie Meinungsumfragen immer wieder ergeben. Auf der anderen Seite steht Ritter Sport, das sich als traditionsreiches Familienunternehmen präsentiert, das ohne künstliche Aromen und auch ohne Atomstrom produziert.

Birgit Rehlender, Chemikerin und Projektleiterin des Schokoladentests, zeigt sich optimistisch. In der ersten Instanz zu verlieren sei „nicht die Regel, aber auch nicht die Ausnahme“. Letztinstanzlich sehe es dann ganz anders aus. „Bislang sind wir noch kein einziges Mal rechtskräftig zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden“, sagt Rehlender. Die Stiftung Warentest hat bereits angekündigt, gegen die aktuelle Entscheidung Berufung einzulegen. Sollte die erneut zu Gunsten von Ritter Sport ausgehen, bleibe auch noch das Hauptsacheverfahren.

Einen Imageschaden für die Stiftung Warentest sieht Rehlender nicht: Zwar sei Schokolade ein „emotionales Thema“. Sie hoffe aber, dass sich die Verbraucher, die sich inhaltlich mit der Frage auseinandersetzen, in der Überzahl seien.

Bei Ritter Sport sieht man das weniger entspannt. „Es gibt eine große Verbraucherverunsicherung, das tut unserem Image weh“, sagte Firmensprecherin Petra Fix. Man könne aber noch nichts über eventuelle Folgen für die Verkaufszahlen nach der Veröffentlichung des Tests sagen.

Ob das Aroma nun aus dem Labor oder aus Pflanzen stammt – das ist auch nach Ansicht des Gerichts noch nicht geklärt. Laut dem Ritter-Sport-Zulieferer Symrise, der das Vanillearoma wiederum von einem anderen Zulieferer bezieht, bestätigten Gutachter dem Gericht, dass die Herstellung des Aromastoffs der Europäischen Aromen-Verordnung entspreche. Offengelegt wurde die Herstellung allerdings nicht. (Az.: 9 O 25477/13)

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