: Ein grunzender Grevenbroicher
Grevenbroich in Nordrhein-Westfalen streitet um Ehrenbürgerschaft für den Herrenhandtaschenträger Horst Schlämmer – gespielt von Hape Kerkeling
KÖLN taz ■ Es geschieht nicht oft, dass der Name Grevenbroich für öffentliche Aufmerksamkeit sorgt. Wenn doch, dann verdankt es das zum Kreis Neuss gehörige Städtchen entweder dem benachbarten Braunkohletagebau Garzweiler – oder Horst Schlämmer. Denn der Vize-Chefredakteur beim Grevenbroicher Tagblatt ist der mit Abstand berühmteste Einwohner des 65.000-Einwohner-Ortes. Seiner Heimat hat Schlämmer sogar zwei Lieder gewidmet: „Ich bin geboren in Grevenbroich“ und „Grevenbroich bei Nacht“. Da wäre es doch angemessen, ihn für sein Engagement mit der Ehrenbürgerschaft zu würdigen, findet der Bürgermeister Axel J. Prümm. Doch sein Vorschlag stößt auf Widerspruch.
Denn Prümms Initiative hat zwei Haken. Zum einen gibt es den Titel des Ehrenbürgers in Grevenbroich bislang gar nicht. Zum anderen gibt es auch Horst Schlämmer nicht – zumindest nicht als realen Menschen. Denn der grunzende Kettenraucher und Herrenhandtaschenträger – laut Selbstdarstellung „neben Männern wie Helmut Markwort, Kai Diekmann oder Stefan Aust einer der bekanntesten und eigenwilligsten Journalisten Deutschlands“ – ist eine Kunstfigur. Erfunden hat sie der Komiker Hape Kerkeling, der für diese Rolle den „Deutschen Comedy-Preis“ bekam.
Für den Bürgermeister ist das jedoch kein Problem. Schließlich könne die Ehrenbürgerschaft eingeführt und die Auszeichnung an Kerkeling vergeben werden, meint der Christdemokrat. Doch von der SPD über die FDP bis zu den Grünen findet sein Vorstoß im Rat der selbst ernannten „Bundeshauptstadt der Energie“ keine Gegenliebe – im Gegenteil: Sogar „Ablehnung in den höchsten Tönen“ habe er vernehmen müssen, räumt Prümm ein. Auch seine eigene Partei zeigt sich wenig begeistert: „Horst Schlämmer finde ich klasse“, sagt zwar CDU-Fraktionschef Josef Theisen. „Aber zum Ehrenbürger bedarf es mehr.“ Er wünsche sich, dass mit dieser Frage „seriös umgegangen wird“.
Er sei „schon überrascht über die Schärfe der Kritik quer durch alle Parteien“, sagt Prümm. Aber es sei nun mal seine Aufgabe als Bürgermeister, „die Stadt ordentlich zu vermarkten“. Zudem stehe die Grevenbroicher Bevölkerung zu Hape Kerkeling und seinem Horst Schlämmer. Er halte seinen Vorschlag aufrecht: „Es ist mehr als ein Sommerlochgag, das kann ich sagen.“
Immerhin einen Verbündeten hat Prümm: Friedrich Wilhelm Denker von der Wählergemeinschaft der Freien Bürger Grevenbroich. Den Bedenken seiner Parlamentskollegen kann der Ratsherr nicht viel abgewinnen. „Die denken alle noch in alten Zeiten, man muss jedoch voraus denken, in die Zukunft.“ Allerdings rät Denker von einer übereilten Entscheidung ab. Falls sich der Stadtrat für die Einführung einer Ehrenbürgerschaft entscheide, sollten nach seinen Vorstellungen zunächst einmal zwei Altbürgermeister geehrt werden, „die die Stadt zu dem gemacht haben, was sie ist“. Aber danach könnte Hape Kerkeling dran sein: „Der Mann macht schließlich für die Stadt eine fantastische Werbung.“ PASCAL BEUCKER