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Archiv-Artikel

Israelische Militärkommission übt Kritik

GAZA-FLOTTILLE Das zivile Untersuchungsteam zur Kaperung der „Mavi Marmara“ beginnt demnächst mit der Arbeit. Libysches Schiff mit Hilfsgütern und Aktivisten an Bord nimmt Kurs auf den Gazastreifen

Netanjahu ist der erste Zeuge, den die Kommission vorladen will

JERUSALEM taz | Schwere Mängel beim Nachrichtendienst, bei der Planung und bei der Entscheidungsfindung der Armee: Dies ist das Fazit der israelischen Untersuchungskommission rund um die Gaza-Flottille. Generalmajor a. D. Giora Eiland, Chef des Teams, präsentierte am Montag seine Ergebnisse der Untersuchung zum 31. Mai, als neun pro-palästinensische Aktivisten, die auf dem Weg zum Gazastreifen waren, von Marinesoldaten getötet wurden. Mit konkreten Maßnahmen gegen einzelne Beteiligte wird nicht gerechnet.

Unterdessen hält ein von Saif Al-Islam Gaddafi, dem Sohn des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, initiiertes Schiff mit Hilfsgütern weiter Kurs auf den Gazastreifen. Auf dem Schiff sollen sich 15 Aktivisten und 12 Besatzungsleute befinden. Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der EU-Außen- und Sicherheitspolitik, zeigte sich „besorgt“ angesichts der Berichte über „weitere Schiffe mit humanitären Hilfsladungen für Gaza“. Sie appellierte, neue „Anspannungen und unnötige Konfrontationen zu vermeiden“.

Das Kapern des Flaggschiffs „Mavi Marmara“ durch die israelische Marine führte zu einer internationalen Verurteilung Israels. Die Flottille war von der türkischen IHH (Internationale Humanitäre Hilfsorganisation) finanziert worden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte eine unabhängige Untersuchung des Zwischenfalls vor der Küste Gazas gefordert. Ein von der UNO eingesetzter Ausschuss nahm in der vergangenen Woche die Arbeit auf. Die vom israelischen Stabschef beauftragte Armee-Untersuchung unter der Leitung von Giora Eiland galt von vornherein als wenig vertrauenswürdig.

Anders ist das bei der zivilen fünfköpfigen Kommission unter der Leitung von Jakob Tirkel, ehemals Richter am Obersten Gerichtshof, die erst in den kommenden Tagen ihre Arbeit aufnehmen wird. Tirkels Team gehören zwei Juristen aus dem Ausland an, die Einfluss auf die Untersuchung nehmen dürfen. Die Kommission war zunächst nur mit drei Mitgliedern besetzt und wurde erst nach Einspruch von Richter Tirkel auf fünf erweitert. Auch darf die Kommission, entgegen der anfänglichen Regelung, jetzt Zeugen unter Eid stellen. Ob dazu auch Soldaten gehören, soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Premierminister Benjamin Netanjahu ist aller Voraussicht nach der erste Zeuge, den die Kommission vorladen will. SUSANNE KNAUL